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Atempause

Es war sicher ein hervorragender Schachzug von Dr. Jaeger, den Mann, der die Selbständigkeit des BPP so zäh verteidigt und alle Angriffe auf die Vereinbarungen von Wiesbaden 1958 erfolgreich abgewehrt hatte, in seine Vorstandsmannschaft einzubeziehen

Der bisher zwischen den Verbänden herrschende Ton änderte sich schlagartig. So schrieb Dr. Debo über sich selbst im Rundschreiben des BPP, Nr. 54 vom 9. Oktober 1973: „In seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des BDPh wird der 1. Vorsitzende besonders auf eine Zusammenarbeit zwischen APHV, BDPh, Versteigerern und Prüferbund im Interesse einer wirksamen Fälschungsbekämpfung hinwirken.“

Die neue Tonlage fand auch Eingang in das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 2. Dezember 1973. Dr. Debo trug in seinem Jahresbericht 1972/73 u. a. folgendes vor:

von links: Friedrich Wilhelm Blecher, Hans-Georg Schlegel (verdeckt), Dr. Arno Debo, Karl-Heinz Dobbert, Dr. Heinz Jaeger, Guenter Weis (BDPh), Theo Schmitt (BDPh), 1976

„Mit dem APHV und dem Bund Deutscher Philatelisten besteht gute Zusammenarbeit, insbesondere auch mit der Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung, Herrn Oberstaatsanwalt Dobbert. Nachhaltige Unterstützung erfahren wir durch Herrn Dr. Jaeger, dem die Bereinigung der Prüferfragen im Zusammenhang mit den Auktionatoren sehr am Herzen liegt.“ 41)

Die atmosphärische Verbesserung setzte sich beim Spitzengespräch der vier Verbände am 12. Januar 1974 in Köln fort, bei dem u. a. beschlossen wurde, daß die Verbände künftig die jeweiligen Vorsitzenden zu ihren Mitgliederversammlungen einladen.

In der Mitgliederversammlung des BPP am 15. Dezember 1975 in München, berichtete Debo, daß es mit dem APHV „keinerlei Schwierigkeiten gebe. Daß mit dem Bund deutscher Philatelisten solche ebenfalls nicht bestehen, verstehe sich von selbst.“ Auch mit den Versteigerern „bestehen – erstmals – keine besonderen Differenzen.“

Leichte Störungen zeichneten sich im Frühjahr 1976 ab. Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung des BPP am 10. April 1976 in Wuppertal informierte Dr. Debo über ein Schreiben des Präsidenten des APHV vom 31. März 1976, in dem dieser die Vorstellungen des APHV zum Aufnahmeverfahren des BPP für neue Prüfer darlegte.

„Die jetzige Regelung sei unbefriedigend, weil sich die entscheidende Mitgliederversammlung jeweils aus verschiedenen Bundesprüfern zusammensetze, immer nur ein Teil der Mitglieder anwesend sei und diese vornehmlich Süddeutsche seien. Die Aufnahme hänge somit von einer zufälligen Mehrheit ab. Herr Ehrlich bittet um Diskussion seiner Vorschläge durch den Vorstand und die Mitgliederversammlung, wonach die Aufnahme neuer Mitglieder von der Versammlung lediglich empfohlen werden solle, entscheiden solle ein Gremium, das zu gleichen Teilen aus Vertretern des BPP und der beiden Trägerverbände zusammengesetzt sei. Ich hatte Herrn Ehrlich bereits früher mitgeteilt, daß eine Satzungsänderung nur in Frage komme, wenn ein Versagen der Satzung in wenigstens einem Punkt offenbar geworden sei.“ 42)

Der in der Mitgliederversammlung anwesende Vizepräsident des APHV, Hindrichs, griff unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ die Vorstellungen Ehrlichs nochmals auf. Das Protokoll vermerkt hierzu: „Die Mitgliederversammlung sah während der Diskussion keine Notwendigkeit, diesen Vorstellungen nachzukommen.“ 43)

Beim 30. Bundestag des BDPh am 10. und 11. September 1976 in Bremerhaven wurde Dr. Debo zum zweiten Vizepräsidenten des BDPh mit dem Ressort „Prüfungs- und Ausstellungswesen“ gewählt.

Es war sicherlich kein Zufall, daß Debo dem Rundschreiben des BPP, Nr. 69 vom 30. September 1976, das Protokoll des Arbeitskreises 3 „Fälschungsbekämpfung, Sammlerschutz und Prüfwesen“, der in Bremerhaven anläßlich des Bundestages tagte, beifügte. Der Arbeitskreis war nämlich der Auffassung, daß die Bestellung von Prüfern ausschließlich Sache des Prüferbundes sei und Arbeitsgemeinschaften keine Prüfer bestellen könnten.

Im Rundschreiben des BPP, Nr. 71 vom 10. Februar 1977, berichtete Debo über das Ergebnis eines Gesprächs vom 29. Januar 1977 in Lorch, das im Gesprächsprotokoll als Spitzengespräch bezeichnet wurde, ein Begriff, den Debo vermied. Dort hatten sich BDPh, APHV, BDB und BPP zusammengefunden, um über die Gründung und die Aufgaben einer „Bundesprüfungszentrale der deutschen Philatelie“ zu diskutieren. Zweck dieser Zentrale sollte es sein, die Bundesprüfer von Routineaufgaben zu entlasten, wozu das Protokoll „die Prüfung des Gummis und der Zähnung“ zählte. Im Rundschreiben des BPP, Nr. 72 vom 28. Juli 1977, wies Debo daraufhin, daß zahlreiche Mitglieder, besonders Berufsphilatelisten, Prüfungen durch einen Angestellten einer Bundeszentrale für „unpraktikabel“ hielten. Hingegen würde eine „Bundeszentrale für das Prüfungswesen mit administrativen Aufgaben, die auch zu einer Verbesserung der Fälschungsbekämpfung führt“, allgemein befürwortet.

Im Nachhinein betrachtet war die Idee einer Bundeszentrale für das Prüfwesen nichts anderes als ein weiterer Versuch des APHV, mehr Einfluß auf das Prüfwesen zu gewinnen, wie dem Grußwort seines Präsidenten Ehrlich bei der Mitgliederversammlung des BPP am 12. November 1977 in München zu entnehmen ist.

Auch Dr. Jaeger hatte seine Bestrebungen, „die Schirmherren in der Satzung verankert“ zu sehen, nicht ganz aufgegeben. Sein Grußwort machte deutlich, daß der BDPh kraft seiner Funktion als Schirmherr im Prüfwesen mitsprechen wollte.

Zur Verankerung der beiden Verbände verwies Debo auf § 2.1 der Satzung.44) „Sollte dies jedoch nicht genügen, erbat er geeignete Vorschläge.“

Bei der Mitgliederversammlung am 30. September 1978 in Wiesbaden wurde Ehrlich deutlicher. Er monierte, daß die Trägerverbände keinen Anspruch hätten, die Oberprüfstelle zu beauftragen. Das sei nur dann der Fall, wenn zwei entgegenstehende Prüferbefunde vorlägen, aber nicht, wenn nur ein Prüfbefund vorhanden sei.

Probleme gäbe es zunehmend mit Qualitätsaussagen von Bundesprüfern, weil man an Marken, die über 100 Jahre alt seien, Qualitätsanforderungen wie an moderne Ware stelle, die dann in Attesten ihren Niederschlag fänden. Deshalb hätten APHV und BDB beschlossen, ein sogenanntes Expertenkomitee zu gründen, das aus ca. 30 bis 40 fachkundigen Leuten bestehe. An dieses Komitee könne sich der Briefmarkenhändler oder Auktionator wenden, der glaube, von einem Bundesprüfer falsch behandelt worden zu sein. Damit werde auch die Oberprüfstelle von manchem Ballast, dem sie ausgesetzt sei, befreit.

Hatte Ehrlich es 1972 noch abgelehnt, sich mit den Versteigerern an einen Tisch zu setzen, hatte er damit jetzt keine Probleme mehr, wenn es ihm nur nützte, Einfluß auf das Prüfwesen zu gewinnen.

Im Nachrichtenblatt des APHV, Nr. 3 vom März 1980, findet sich die Mitteilung, daß der APHV in einer Sitzung seines erweiterten Vorstandes am 21. Januar 1980 beschlossen habe, eine Fachgruppe „Prüfwesen“ zu bilden. Mitglieder sollten nicht nur APHV-Mitglieder sein, die bereits Bundesprüfer seien, sondern auch Mitglieder, deren besonderes Interesse dem Prüfwesen gelte. Auch sollte die Fachgruppe diejenigen APHV-Mitglieder umfassen, die dem im Aufbau befindlichen Expertenkomitee angehörten. Aufgabe der Fachgruppe sollte es sein, Prüfernachwuchs heranzubilden sowie Prüfer für solche Gebiete zu benennen, für die es keine Bundesprüfer gebe.

41) Protokoll der Mitgliederversammlung des BPP vom 2. Dezember 1973, S. 3.

42) Protokoll der außerordentlichen Mitgliederversammlung des BPP vom 10. April 1976, S. 3.

43) Ebd., S. 5.

44) Dieser lautete: „Der Zweck des Vereins ist es, das philatelistische Prüfungswesen in Deutschland zu ordnen, zu fördern und zu schützen. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Philatelisten e.V. und dem Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels e.V. sowie mit den entsprechenden internationalen Verbänden.”

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