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Die Vorgeschichte

Am 26. Juli 1948 fand in Kamen auf Einladung des Leiters der Bundesstelle für das Prüfungswesen, Oberlandesgerichtsrat Heinz Menge, eine Prüfertagung statt, zu der 18 Prüfer erschienen und weitere zwölf Vollmachten erteilt hatten.

Heinz Menge, 1950
Hans Grobe, 1950

Diese Tagung, „wohl der ersten ihresgleichen überhaupt“, wie Menge im Protokoll1) vermerkte, befaßte sich neben Themen wie Prüfungsordnung, Prüferliste, Versicherungsschutz für Bundesprüfer, insbesondere mit der Bildung einer Oberprüfstelle. Sie entstand als gemeinsame Oberprüfstelle des „Bund Deutscher Philatelisten (Brit. Zone) e.V.“ und der zwei Vorläuferorganisationen des erst 1949 gegründeten APHV, der „Arbeitsgemeinschaft der Briefmarkenhändlerverbände BHV in der Hauptgemeinschaft des Einzelhandels Sitz Münster (Westf.)“ und der „G.d.B. Gemeinschaft der Briefmarkenhändler e.V., Sitz Hamburg“. Sie bestand aus fünf Personen, nämlich zwei Vertretern des Handels, den Herren August Drahn und Hans Grobe, zwei Vertretern der Sammlerschaft, den Herren Georg Landré und Dr. Artur Schroeder, und dem Leiter der Bundesstelle C-Prüfungswesen, OLGR Heinz Menge, der den Vorsitz innehatte.

Die Aufgaben der Oberprüfstelle bestanden jedoch nicht nur darin, als Entscheidungsinstanz zu fungieren, wenn sich mindestens zwei erstzunehmende Prüfurteile unvereinbar gegenüberstanden, sondern ihr Vorsitzender ernannte in seiner Eigenschaft als Leiter der Bundesstelle C Prüfungswesen im Benehmen mit seinen Kollegen in der Oberprüfstelle neue Prüfer zu Bundesprüfern. Folgerichtig konnte er auch die Prüftätigkeit eines Bundesprüfers bei gegebenem Anlaß (z.B. zahlreiche und/oder gravierende Fehlprüfungen) aufkündigen.

65 Rundbriefe, die Menge vom 5. August 1948 bis zum 10. November 1955 für den Kreis der Prüfer des BDPh herausgab, belegen sein Engagement für ein funktionierendes Prüfwesen. Dann kam plötzlich „Sand ins Getriebe“ durch ein Schreiben des Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des BDPh, Carlo Buerose, vom 17. Oktober 1955, in dem Menge mitgeteilt wurde, daß der Verwaltungsausschuß auf seiner Sitzung am 16. September 1955 in Düsseldorf beschlossen habe, daß neben anderen Funktionären auch im Inland wohnende Bundesprüfer „unter allen Umständen Mitglied in einem Bundesverein sein müssen“. Wenn ein Prüfer, soweit er noch nicht Mitglied eines Bundesvereins sei, sich weigere, einem solchen beizutreten, sei er – unter Aufgabe seines Namens an die Geschäftsstelle des BDPh – zu streichen, was dann in den Bundes-Nachrichten bekanntgegeben werde.

Hieraus entwickelte sich ein veritabler Streit zwischen Menge, der diese Zwangszugehörigkeit zu einem Bundesverein strikt ablehnte, und dem BDPh, der in einem harschen Schreiben des ersten Vorsitzenden des BDPh, Konsul Hermann Deninger, vom 6. April 1956 an Menge und zwei von Deninger unterzeichneten Rundschreiben vom 9. April und 9. Juni 1956 an die Bundesprüfer einen vorläufigen Höhepunkt erreichte.

Nachdem vermutlich bei der Sitzung des Vorstandes des BDPh am 4. März 1956 in München klargestellt worden war, daß für Händler, die Bundesprüfer waren, nicht die Mitgliedschaft in einem Bundesverein, sondern eine solche im APHV zwingend sei, zeigte der APHV Schulterschluß mit dem BDPh, indem sein geschäftsführendes Vorstandsmitglied Dr. Hans Schick am 4. Mai 1956 dem BDPh folgendes schrieb:

„Unsere Mitgliederversammlung2) erörterte in diesem Zusammenhang auch die Meinungsverschiedenheiten über die Mitgliedschaft der Bundesprüfer im Bund Deutscher Philatelisten bzw. in unserer Organisation. Es wurde in dieser Beziehung die Auffassung vertreten, daß die Oberprüfstelle und die ihr angeschlossenen Bundesprüfer lediglich im Interesse der Philatelie, vertreten durch Ihren Bund und unseren Verband, zu arbeiten haben und niemals ihre Tätigkeit als Selbstzweck ansehen dürfen. Unsere Mitglieder schlossen sich insoweit der vom Vorstand des Bundes vertretenen Auffassung an, dass die Prüferorganisation innerhalb der Organisationen der Sammler und Händler zu stehen hätte und nicht ausserhalb.

Unser geschäftsführender Vorstand wurde demgemäss beauftragt, mit Ihnen und dem Vorstand des Bundes Deutscher Philatelisten eine Neuordnung des Prüfungswesens zu erörtern, die für die Zukunft die Abwicklung der Tätigkeit der Oberprüfstelle und der Prüfer nach den beiderseits vertretenen Auffassungen gewährleistet.“

Schon vier Tage später reagierte der BDPh mit einem Schreiben seines Verwaltungsausschußvorsitzenden, in dem er betonte, daß sich die Auffassungen von BDPh und APHV in der Prüferfrage vollkommen decken. Darüber hinaus bot er an, mit dem APHV die Neuordnung des Prüfwesens zu erörtern und forderte den APHV auf, seine diesbezüglichen Wünsche mitzuteilen. Dies geschah mit Schreiben des APHV vom 26. Mai 1956, in dem die Bildung eines Ausschusses von BDPh und APHV zur Überarbeitung der Prüfordnung vorgeschlagen wurde.

Ein Schreiben des APHV an Hans Grobe vom 23. Juni 1956 läßt erkennen, daß der APHV wieder etwas mehr auf Distanz ging. Dr. Schick teilte Grobe mit, daß der erste Vorsitzende des APHV „Herr Hartung … es nicht für opportun hält, den APHV in den Streit zwischen dem BDPh und Herrn OLG-Rat Menge einzuschalten.“ Erst wenn diese Meinungsverschiedenheit innerhalb des BDPh ausgeräumt sei, könnten gemeinsame Beratungen mit dem Vorstand des Bundes zu einer befriedigenden Lösung des Aufbaues der Prüferorganisation führen.

Für den 10. Mai 1956 hatte Menge die Bundesprüfer zu einer Zusammenkunft nach Düsseldorf einberufen. Dort wurde von Dr. Schroeder ein Kompromißvorschlag dergestalt eingebracht, daß die Gemeinschaft der Bundesprüfer als Ganzes dem BDPh beitreten sollte, um so das Erfordernis einer Einzelmitgliedschaft zu vermeiden.

Nachdem Deninger diesen Vorschlag als nicht durchführbar ablehnte, weil die Satzung des BDPh eine solche Möglichkeit nicht kenne3), ergänzte Dr. Schroeder nachträglich seinen Vermittlungsvorschlag wie folgt:

„Ich meine nun, daß die Forderung nach Bundesmitgliedschaft ja auch erfüllt sei, wenn sich die Pr.gemeinschaft als eigener Verein etabliert, denn dann sind ja die Prüfer – nach Erfüllung der für einen Verein geltenden Bestimmungen – eo ipso auch Bundesmitglieder, vorausgesetzt natürlich, daß der „Verein Prüfergemeinschaft“ dem Bunde angeschlossen sei und bliebe, worüber es ja in der Versammlung am Himmelfahrtstage auch nur eine Meinung gab. Ich halte die Lösung – also meinen Antrag – für glücklich, weil er den Forderungen der Bundesleitung entspricht: die Mitglieder des Vereins „Prüfergemeinschaft“ sind eo ipso Bundesmitglieder, und so einen Bruch vermeidet, auch an den bestehenden Verhältnissen kaum etwas geändert wird, zumindest nicht nach außen hin, und nur die inneren Rechtsverhältnisse geklärt werden … .“4)

Hier klang schon an, was Menge wenig später schon ganz deutlich aussprach: „In Verfolg unserer Düsseldorfer Übereinkunft aus Mai ds. J. werde ich u. a. den Entwurf der Satzung für einen aus unserer Gemeinschaft zu bildenden eingetragenen Verein vorlegen.“5)

Dabei ging Menge jedoch noch davon aus, daß sich dieser Verein nach der Erlangung der Rechtsfähigkeit einem Landesverband des BDPh anschließen werde.

Kurz vor dem zehnten Bundestag des BDPh am 8. September 1956 in Marburg, ging der APHV noch weiter auf Distanz. Mit Schreiben vom 1. September 1956 teilte er dem BDPh mit, daß die Menge-Rundschreiben Nr. 73 und Nr. 74 dem geschäftsführenden Vorstand des APHV Veranlassung geben, darauf hinzuweisen, daß die Mitgliederversammlung des APHV die Neuordnung des Prüfwesens an sich gezogen habe. Man könne jedoch mit dem BDPh in einen Gedankenaustausch über die Neuordnung des Prüfwesens eintreten. Dazu schlug der APHV die Bildung von Kommissionen vor, die aus je drei Mitgliedern von APHV und BDPh bestehen sollten.6) Deren Ergebnisse beabsichtige man dann der ordentlichen Mitgliederversammlung des APHV 1957 in Frankfurt/Main zur Abstimmung vorzulegen.

Am Bundestag in Marburg trat Menge als Leiter der Bundesstelle C-Prüfungswesen zurück. An seiner Stelle wurde der nicht anwesende Eduard Peschl dem Bundestag als Leiter der Bundesstelle C vorgeschlagen und auch gewählt, obwohl vorher sein Einverständnis zur Übernahme dieser Funktion nicht eingeholt worden war. Peschl lehnte nicht unerwartet die Übernahme dieses Amtes ab.

Daraufhin erklärte sich der Leiter der Bundesstelle D-Fälschungsbekämpfung, Bundesprüfer Georg Landré, bereit, die Bundesstelle C kommissarisch bis zum nächsten Bundestag mitzuverwalten.7)

Aufschluß über die Vorgänge in Marburg gibt das Menge-Rundschreiben Nr. 75 vom 28. Oktober 1956.8)

Im Vorfeld des Bundestages fand am 6. September 1956 in Marburg eine Prüfertagung statt, bei der es um den Düsseldorfer Vermittlungsvorschlag von Dr. Schroeder ging, nämlich daß die Gemeinschaft der Bundesprüfer einen e.V. bildet, der durch seine Mitgliedschaft in einem Landesverband Mitglied des BDPh werden sollte.

Die an der Prüfertagung teilnehmenden Vertreter des BDPh, Richard Renner und Alois Bögershausen lehnten eine Abstimmung über diesen Vermittlungsvorschlag ab. Sie verlasen statt dessen einen Beschluß des Verwaltungsausschusses des BDPh des Inhalts, daß Bundesprüfer nur sein könne, wer dem BDPh oder APHV angehöre und daß für den Fall, daß Herr Menge damit nicht einverstanden sei, eine Abberufung als Leiter der Bundesstelle C erfolgen müsse.

Ein weiterer Vermittlungsvorschlag des Bundesprüfers Hildesheim, es hinsichtlich der bisherigen Bundesprüfer bei der gegenwärtigen Regelung zu belassen, jedoch für neu zuzulassende Bundesprüfer die Mitgliedschaft im BDPh oder APHV zur Bedingung zu machen, wurde am folgenden Tag in der Sitzung des Bundesbeirates des BDPh abgelehnt.

Einen Tag später, am 8. September 1956, gab Deninger vor Erstattung des Berichtes der Bundesstelle C dem Plenum des Bundestages ohne Begründung bekannt, daß der Verwaltungsausschuß mehrheitlich die Abberufung Menges als Leiter der Bundesstelle C beschlossen habe.

Die Dinge nahmen nun ihren Lauf. Im Rundbrief 75 vom 28. Oktober 1956 teilte Menge seine Absicht mit, die bisherige Prüfergemeinschaft an Stelle des bisherigen nicht eingetragenen Vereins in Form eines gerichtlich eingetragenen „nach allen Seiten voll unabhängigen Vereins“ fortzusetzen und fügte zu diesem Zweck dem Rundbrief einen Satzungsentwurf bei.

Der BDPh reagierte darauf mit einem Schreiben vom 8. November 19569) an alle Bundesprüfer. In ihm wies er darauf hin, daß das Prüfungswesen eine gemeinsame Einrichtung von BDPh und APHV sei. Nur wer einer dieser beiden Organisationen angehöre und von der Oberprüfstelle anerkannt sei, habe das Recht, sich als Bundesprüfer zu bezeichnen.

Die vorgesehene Gründung des Mengeschen „Bund der philatelistischen Prüfer“ stehe im schärfsten Widerspruch zu den Auffassungen des BDPh und man erwarte eine strikte Ablehnung der Pläne des Herrn Menge durch die Bundesprüfer, „um eine Zersplitterung des deutschen Prüfwesens“ zu vermeiden.

Deninger erkannte also klar die Gefahr einer Zersplitterung, glaubte aber, das Problem durch demonstrative Härte in den Griff zu bekommen.

Im „Nachrichtenblatt für Bundesprüfer“, Neue Folge, Nr. 1 vom 18. November 1956, das von Georg Landré unterzeichnet war, wurden die Mengeschen Aktivitäten als eine Privatinitiative dargestellt, die ohne Einverständnis der Bundesleitung erfolgt sei.

In einem weiteren Schreiben des BDPh und der Bundesstelle C vom 20. Dezember 1956 an alle Bundesprüfer, das von Deninger und Landré unterzeichnet war, wurde schweres Geschütz gegen Menge aufgefahren. Die Prüfer wurden aufgefordert, soweit sie bereits ihre Zustimmung zum Beitritt in den in Gründung befindlichen „Bund der philatelistischen Prüfer“ gegeben hätten, diese zurückzuziehen, da nur derjenige als Bundesprüfer im BDPh anerkannt werden könne, der nicht in einer anderen außerhalb des BDPh oder APHV stehenden deutschen Organisation als Prüfer tätig sei.

Alles dies konnte Menge nicht mehr aufhalten. Am 4. Februar 1957 wurde der „Bund der philatelistischen Prüfer e.V.“ unter der Nr. 2266 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Düsseldorf eingetragen.

Bereits Mitte Dezember 1956 kamen dem APHV Zweifel, wie aus einem Schreiben vom 13. Dezember 1956 an Hans Grobe hervorgeht, ob er wie der BDPh an dem bisherigen Zustand festhalten sollte, nämlich daß die Prüfer in einer besonderen Bundesstelle des BDPh zusammengefaßt waren und die Angelegenheiten dieser Bundesstelle gemeinsam von BDPh und APHV bestimmt wurden.

Diese Zweifel hatten zur Folge, daß der APHV das für den 17. Januar 1957 vorgesehene Treffen der im September des Vorjahres vom APHV vorgeschlagenen Kommissionen mit der Begründung absagte, daß noch eine Reihe von Vorfragen zwischen den Vorständen des APHV und des BDPh zu klären seien. Dazu solle am 17. Januar in Hamburg zwischen den Herren Renner und Landré als Vertreter des BDPh und den Herren Hartung und Dr. Schick als Vertretern des APHV ein Gedankenaustausch stattfinden.

Offenbar zur Vorbereitung dieses Gedankenaustausches befaßte sich der geschäftsführende Vorstand des APHV in einer Sitzung am 10. Januar 1957 in Hamburg mit diesem Thema, wobei man sich letztendlich der Auffassung von Hans Grobe anschloß, daß die Bundesstelle C bestehen bleiben sollte. Dies brachte dann der APHV in der Besprechung am 17. Januar 1957 auch zum Ausdruck. Das Ergebnis dieser Besprechung veröffentlichte er in seinem Nachrichtenblatt Nr. 2 vom Februar 1957:

„Die Mitgliederversammlung des Bundes deutscher Philatelisten und die außerordentliche Mitgliederversammlung des APHV beschäftigten sich bekanntlich im Spätsommer 1956 mit dem deutschen Prüfungswesen. Beide Organisationen bestimmten Verhandlungskommissionen, die sich über eine Neufassung der Prüfungsordnung aussprechen sollten. Über das Ergebnis dieser Besprechung sollte in der Mitgliederversammlung 1957 berichtet werden.

Die in der Öffentlichkeit des In- und Auslandes bekannt gewordenen Differenzen zwischen dem Bund deutscher Philatelisten und Herrn Oberlandesgerichtsrat Menge sind geeignet, Zweifel über die gegenwärtige Lage des deutschen Prüfungswesens aufkommen zu lassen. In gemeinsamer Besprechung stellten daher der Bund deutscher Philatelisten und der APHV fest, daß das Prüfungswesen in Deutschland nach wie vor bei der Bundesstelle C des Bundes deutscher Philatelisten zusammengefaßt ist. Die genannten Organisationen halten es allerdings für zweckmäßig, daß die in der Bundesstelle C zusammengefaßten Prüfer sich ihre Geschäftsordnung und die Prüfordnung selbst geben.

Die Prüfer der Bundesstelle C werden zu diesem Zwecke demnächst zu einer Versammlung zusammengerufen, die auf Seiten der Prüfer aus dem Sammlerlager von Herrn Dipl.-Ing. Landré, Bremen, und auf Seiten der Prüfer aus dem Händlerkreis von Herrn Kollegen Hans Grobe, Hannover, vorbereitet wird.“

Die ursprünglich geplanten „Verhandlungskommissionen“ wurden daraufhin „still beerdigt“.

Landré machte sich sofort an die Arbeit. Nach mehreren Besprechungen mit Hans Grobe legt er unter dem 12. März 1957 eine „Geschäfts-Ordnung für die Bundesprüfer“ vor. Nach einer weiteren Verhandlung am 3. April 1957 in Hamburg lag dann am 6. April eine Geschäftsordnung vor, die vom BDPh anerkannt wurde.10)

Am 9. Mai 1957 befaßte sich der Vorstand des APHV mit dieser Geschäftsordnung. Man kam dabei zu dem Ergebnis, daß die Bundesstelle C nicht mehr von einem, sondern von zwei Vorsitzenden geleitet werden müsse, von denen einer ein Sammler und der andere ein Händler zu sein habe. Diese beiden Herren sollten auch den Vorsitz in der Oberprüfstelle übernehmen, so daß diese künftig aus sechs Personen bestünde.

Der Schriftwechsel zwischen Dr. Schick und Landré von März bis Juni 1957 offenbart klar eine Hinhaltetaktik des APHV. Die Gründe hierfür werden in einem Schreiben des APHV vom 7. Juni 1957 an Hermann Walter Sieger deutlich. Der APHV stellte Sieger die Frage, wer – die Bundesstelle C oder der Bund der philatelistischen Prüfer e.V. – eigentlich die deutschen Prüfer repräsentiere.

Das Antwortschreiben Siegers vom 13. Juni 1957 ist bezeichnend für die damalige Situation:

„Nach meinem Dafürhalten glaube ich, dass beide Stellen, sowohl die Bundesstelle C, als auch der Bund der philatelistischen Prüfer fest davon überzeugt sind, im Namen der Mehrzahl der Prüfer zu sprechen und es ist durchaus möglich, dass beide in ihren Listen ca. 70 Prüfer aufführen. Um nur ein Beispiel zu nennen, werde ich meines Wissens bei beiden Stellen geführt. Ich habe seinerzeit sowohl Herrn Menge meinen Beitritt zugesichert, als auch der Bundesstelle C, Herrn Landré mitgeteilt, dass ich selbstverständlich ebenso bereit bin, dort mitzuarbeiten und stehe immer wieder in verschiedenen Fälschungsangelegenheiten mit der Bundesstelle C in Verbindung.

Denn nach meiner Ansicht ist es durchaus nicht ausgeschlossen, gleichzeitig beiden Stellen anzugehören, denn es besteht ja rein rechtlich wohl kaum eine Möglichkeit, dass die eine Stelle eine Mitgliedschaft wegen der gleichzeitigen Zugehörigkeit zur anderen Stelle ausschliesst. Es ist also durchaus nicht unmöglich, dass solche Doppelmitgliedschaften noch in grösserem Masse bestehen.“

Diese Antwort hatte sicherlich Einfluß auf das Schreiben des APHV vom 10. Juli 1957 an den BDPh, in dem der APHV nunmehr Klartext redet. Nachdem sich herausgestellt habe, daß sich die überwiegende Zahl der Prüfer sowohl bei der Bundesstelle C als auch beim Bund der philatelistischen Prüfer e.V. zur Mitgliedschaft angemeldet habe, seien die bisherigen Besprechungen über Verhandlungen zum Mißerfolg verurteilt. Die Schaffung einer endgültigen Organisationsform müsse von den Prüfern selbst ausgehen, d.h. die Prüfer müßten sich entweder für einen Zusammenschluß in der Bundesstelle C oder in einem freien Verband entscheiden. Erst dann sei der Weg für weitere Beratungen frei.

Praktisch gleichzeitig, nämlich am 9. Juli 1957, schrieb der 1. Vorsitzende des APHV, Paul Hartung an Grobe, der im Auftrag des APHV in den Monaten davor mit Landré den Entwurf einer Geschäftsordnung für die in der Bundesstelle C zusammengeschlossenen Prüfer erarbeitet hatte, daß die Händlerorganisation eine eigene starke Prüferorganisation wünsche, dies aber nach Lage der Dinge, hier Bund, hier Menge, nicht möglich sei und man sich abwartend verhalten solle.

Daraufhin platzte Grobe der Kragen. Mit Schreiben vom 16. Juli 1957 teilte er Hartung mit, daß er sich „aus allen Dingen der Prüferfragen zurückziehen werde“. Hartung antwortete ihm am 20. Juli 1957, wobei er die Gründe für die abwartende Haltung des APHV erläuterte.

Der BDPh und Landré gaben es jetzt auf, auf den APHV zu warten. In den Bundes-Nachrichten Nr. 46 vom Juli 1957 wurde – sinnigerweise ohne die Nennung der Prüfgebiete – eine alphabetische Adressenliste der Bundesprüfer veröffentlicht, die sich beim BDPh gemeldet hatten. Dies hatte zur Folge, daß allseits anerkannte Prüfer, die Mitglied des APHV oder des BDPh waren, in dieser Liste nicht aufgeführt waren.

Landré versandte dann am 20. Juli 1957 ein Rundschreiben an die Prüfer BDPh/APHV, dem eine Geschäftsordnung für Bundesprüfer in der mit Hans Grobe abgestimmten und am 12. März 1957 dem APHV zur Verfügung gestellten Fassung sowie eine „Liste der Bundesprüfer im APHV/BDPh“ beilagen. Diese Liste umfaßte 65 Prüfer, davon acht aus der DDR.

Am 15. August 1957 sandte der Händler und Prüfer Bernhard Droese dem APHV eine vom Bund der philatelistischen Prüfer herausgegebene „neue Prüferliste“, die völlig neutral bearbeitet sei „ohne Rücksicht auf irgendwelche Bundes- und sonstigen Vereinszugehörigkeiten“, was nichts anderes bedeutete, daß diese Liste auch Prüfer enthielt, die nicht Mitglied des Bundes der philatelistischen Prüfer waren.

In seinem Schreiben sprach Droese auch von einem „heillosen Durcheinander“. So enthalte die Liste des BDPh verstorbene Prüfer und solche, die gar nicht mehr prüften. Oder der bekannte Prüfer und Händler Drahn sei in der Liste des Bundes der philatelistischen Prüfer, jedoch nicht in der des BDPh aufgeführt, trotzdem werde er beim BDPh weiterhin als Mitglied der Oberprüfstelle geführt usw. usw.

In seinem Schreiben vom 21. August 1957 informierte der APHV Droese, daß er die Verhandlungen mit dem BDPh abgebrochen habe, als er feststellte, daß eine Einheitlichkeit im Prüfwesen nicht mehr gegeben sei. Man werde die Prüferfrage erst anläßlich der Generalversammlung des APHV 1958 in Düsseldorf behandeln. Daß die Prüferfrage im Bund „nahezu groteske Formen“ annehme, schilderte Droese ausführlich in einem weiteren Schreiben vom 29. August 1957 an den APHV.

Die Unstimmigkeiten zwischen APHV und BDPh sowie zwischen BDPh und Menge fanden nun doch den Weg in eine breite Öffentlichkeit. Auf einen Beitrag „Prüfung in der Prüfung“ von Otto von Krakau im Nachrichtenblatt des APHV Nr. 11/1957, antworteten Hans Grobe und sehr ausführlich Bernhard Droese im Nachrichtenblatt Nr. 12/1957. Dann folgten Zuschriften von Dr. Heinrich Wittmann und Konsul Hermann Deninger im Nachrichtenblatt Nr. 2/1958.

Nun ging auch Hartung im Nachrichtenblatt Nr. 2/1958 an die Öffentlichkeit. „Bund, Menge oder neutral, das ist die Frage.“

Persönlich neigte Hartung zum Verbleib beim Bund, so sehr er auch Menge schätzte. Er appellierte an Deninger und Menge, sich auszusprechen und erklärte seine Bereitschaft, eine solche Aussprache zu arrangieren und an ihr teilzunehmen. Deninger reagierte umgehend auf das Angebot Hartungs. Mit Schreiben vom 10. Februar 1958 erklärte er sich „gern bereit, mit Herrn Menge zu verhandeln, obwohl ich mir nach meinen seitherigen Erfahrungen auch nicht das geringste davon verspreche.“

Einen Brief an Menge vom 12. Februar 1958 gab Hartung in Durchschrift an Deninger. In diesem Brief nannte er als Termin für eine Aussprache den 19. April 1958 in Düsseldorf. Aus diesem Brief geht auch hervor, daß Bernhard Droese eine Vermittlerrolle zwischen Hartung und Menge übernommen hatte, der im Laufe des Jahres 1958 noch eine zunehmende und entscheidende Bedeutung zukommen sollte.

Menge beantwortete das Schreiben Hartungs erst am 15. März 1958. Er erklärte, daß er zu seiner Bernhard Droese gegebenen Zusage stehe, „zu einer Aussprache über die Prüferfrage bereit zu sein.“ Die im weiteren Verlauf seines Briefes vorgetragenen Argumente konnten bei Hartung jedoch keine Hoffnung aufkommen lassen, daß dem geplanten Vermittlungsgespräch irgendein Erfolg beschieden sein könnte. Deshalb schrieb er am 20. März 1958 an Menge, daß er aus dessen Schreiben vom 15. März zu seinem Bedauern ersehe, daß zur Zeit Vermittlungsvorschläge seinerseits nicht zu einem Ziel führen würden. Trotzdem lud er Menge ein, ihn zum Internationalen APHV-Händlertag vom 18. bis 20. April 1958 in Düsseldorf zu besuchen, um über die „uns alle bewegenden Fragen“ sprechen zu können.

Hartung schlug deshalb am 20. März 1958 dem erweiterten APHV-Vorstand und den Geschäftsführern der APHV-Landesorganisationen vor, der Generalversammlung des APHV am 19. April 1958 in Düsseldorf zu empfehlen, in der Prüferfrage vorerst neutral zu bleiben und die weitere Entwicklung abzuwarten.

Am 18. April 1958 tagte der erweiterte Vorstand des APHV in Düsseldorf. Nach kontroverser Diskussion, bei der Hans Grobe die Rückkehr zur Bundesstelle C forderte, wurde einstimmig beschlossen, der am 19. April stattfindenden Mitgliederversammlung des APHV folgende von Grobe vorgeschlagene Resolution zu unterbreiten:

„Mehrere Prüferorganisationen sind im Interesse des Ansehens der deutschen Philatelie untragbar. Die APHV-Mitglieder-Versammlung in München soll daher endgültig darüber entscheiden, falls eine Einigung zwischenzeitlich unter den Prüfern nicht erfolgt, welche Prüferorganisation für den APHV maßgeblich sein soll.“11)

Diese Resolution wurde von der Mitgliederversammlung einstimmig gebilligt. Dem im Nachrichtenblatt des APHV Nr. 6/7 vom Juni 1958 veröffentlichten Protokoll über die Mitgliederversammlung ist zu entnehmen, daß Hartung deutlich machte, daß er seine Vermittlertätigkeit unter den Beteiligten fortführen werde: „In Düsseldorf geführte Besprechungen gäben ihm die Hoffnung eines glücklichen Ausganges seiner Bemühungen.“

Hartung war nach den Schreiben Deningers vom 10. Februar 1958 und Menges vom 15. März 1958 offenbar zur Überzeugung gelangt, daß er zur Wahrung der Einheitlichkeit des Prüfwesens einen anderen Weg beschreiten mußte und diesen entwickelte er offenbar in den in Düsseldorf geführten Besprechungen.

Menge informierte in Punkt 6 seines Rundbriefes Nr. 89 vom 25. April 195812), der mit Bernhard Droese abgesprochen war, die Mitglieder des Bundes der philatelistischen Prüfer über die auf Anregung des APHV-Vorstandes am 19. April 1958 in Düsseldorf geführte Besprechung zur Prüferfrage, an der für den APHV die Herren Hartung und Dr. Schick, für den BDPh die Herren Grobe und Dr. F.W.G. Schmidt und für den Bund der philatelistischen Prüfer die Herren Menge und Droese teilgenommen hätten. Man habe sich dafür ausgesprochen, daß eine Einigung im deutschen Prüfwesen erwünscht und geboten sei. Aufgrund des Besprechungsergebnisses werde Herr Hartung einen Einigungsvorschlag unterbreiten.

Nach allem ist anzunehmen, daß Hartung bei den Besprechungen am 19. April Deninger bewußt außen vorließ, damit dieser nicht von vornherein seine Strategie durchkreuzen konnte.

1) Rundbrief (Hausblatt) – Nr. 1 für den Kreis der Prüfer des Bundes Deutscher Philatelisten (brit. Zone) vom 5. August 1948.

2) Am 21. April 1956 in Düsseldorf – d.V.

3) Rundschreiben des BDPh vom 9. Juni 1956 an alle Bundesprüfer, in: BN, Nr. 31 vom Juni 1956, S. 5.

4) Rundbrief Nr. 73 vom 10. Juli 1956 für den Kreis der Prüfer des Bundes Deutscher
Philatelisten, S. 2.

5) Rundbrief Nr. 74 vom 26. August 1956 für den Kreis der Prüfer des Bundes Deutscher
Philatelisten, S. 2.

6) Hierfür wurden von der außerordentlichen Mitgliederversammlung des APHV am 15. September 1956 die Herren Hartung, Müller-Mark und Hammerschmidt benannt. Der BDPh nominierte seinerzeit die Herren Renner, Landré und Dr. Seichter. Diese Kommissionen sollten im Laufe des Winters 1956/57 in Anwesenheit der beiderseitigen Verbandsgeschäftsführer Dr. Schick (APHV) und Wendt (BDPh) über die Neuordnung des Prüfwesens beraten.

7) Rundschreiben des BDPh an die Bundesprüfer vom 8. November 1956, Punkt 1, veröffentlicht in: BN, Nr. 34 vom Dezember 1956, S. 7.

8) Die Überschrift der Rundbriefe lautete bis zur Nr. 74 „Rundbrief für den Kreis der Prüfer des Bundes Deutscher Philatelisten.“ Die geänderte Überschrift „Rundbrief Nr. 75 für den Bund der philatelistischen Prüfer“ begründete Menge damit, „dass nach meinem Ausscheiden als Leiter der Bundesstelle C des BDPh von diesem Rundbrief nur mehr meine Leitung der Prüfergemeinschaft und der Oberprüfstelle berührt wird.“

9) Veröffentlicht in BN, Nr. 34 vom Dezember 1956, S. 7 f.

10) Bericht der Bundesstelle C-Prüfungswesen, in: BN, Nr. 37 vom September 1957, S. 5.

11) Niederschrift über die Sitzung des erweiterten Vorstandes vom 18. April 1958 in Düsseldorf, Rest. „Rheinterasse“.

12) Ab Rundbrief Nr. 79, der Ende Februar 1957 erschien, lautete die Überschrift „Rundbrief für den Bund der philatelistischen Prüfer e.V.“

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