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Das Prüferschiff in schwerer See

Ende der 1960er Jahre war eine Situation im Prüfwesen entstanden, die allen Beteiligten nicht mehr tragbar erschien. Die Auktionatoren beklagten sich darüber, daß die Prüfer wichtiger allgemeiner und deutscher Prüfgebiete überaltert oder überlastet seien. Außerdem seien unterschiedliche Prüfurteile von verschiedenen Prüfern gleicher Prüfgebiete festzustellen, wofür man dem System des für sein Prüfgebiet alleinverantwortlichen Prüfers die Schuld gab und als Problemlösung die Komiteeprüfung propagierte.

Prüfer und BDPh sahen eine effektive Fälschungsbekämpfung dadurch erschwert, daß die Auktionsbedingungen eine Falschkennzeichnung verhinderten. Dr. Wittmann brachte dies wie folgt auf den Punkt: „Gerade die Verhinderung der Kennzeichnung eindeutiger Fälschungen ermöglicht es ja erst, daß diese von einer zur anderen Auktion wandern, bis endlich einmal ein harmloser Sammler darauf hereingefallen ist! Gegen die Kennzeichnung eindeutig nachgewiesener Fälschungen kann sich doch wohl nur jemand wenden, der diese dann anderwärts für dunkle Zwecke gebrauchen will.“19) Obschon unzutreffend begründeten die Auktionatoren die Nichtzulassung der Falschkennzeichnung zum einen damit, daß die Prüfer für die Folgen eines Fehlurteils nicht über die gezahlte Prüfvergütung hinaus hafteten, und zum andern verwiesen sie darauf, daß bei sich widersprechenden Prüfurteilen es keine Instanz gebe, die schnell zu einem für die Beteiligten verbindlichen Urteil gelange.

von links- Franz Pfenninger, August W. Drahn, Eduard Peschl, Gisbert Zenker, Albert Matl, Dr. Arno Debo, 1968.jpg

von links: Franz Pfenninger, August W. Drahn, Andrè Nussbaum-Bisser, Gisbert Zenker, Helge Witt, Dr. Arno Debo

Rückblickend betrachtet stellt sich die Situation vor 40 Jahren wie folgt dar:

  1. Durch das zunehmende Aufkommen von Spezialprüfern mit vertieften Kenntnissen in ihrem Prüfgebiet blieb es nicht aus, daß frühere Prüfurteile sich nicht mehr aufrechterhalten ließen.
  2. Die Prüferschaft war zum Teil wirklich überaltert. So waren z.B. 1968 die Prüfer Ernst Becker 74, August Drahn 75, Dr. Zempel 77, Dr. Seichter 79, Hans Rose 81 und Dr. Dub gar 85 Jahre alt, wobei zu bedenken ist, daß ein 75- oder 80jähriger des Jahres 1968 wesentlich „älter“ war als sein Pendant im Jahre 2008. Jedoch steht auch fest, daß durch den Altersabbau bedingte Fehlleistungen nicht einfach am Lebensalter festzumachen sind. So kamen die Fehlleistungen eines Ernst Becker bereits in einem Alter zustande, in dem ein Dr. Dub prüferisch noch voll auf der Höhe war.
  3. Problematisch war auch, daß bei der Gründung des BPP die Bundesprüfer der Bundesstelle C des BDPh und die Prüfer des von Menge gegründeten Bundes der philatelistischen Prüfer einfach in den BPP übernommen worden waren, wobei sie zum Teil Prüfgebiete angegeben hatten, die sie fachlich nicht abdecken konnten.
  4. Aus heutiger Sicht waren die Kriterien für eine Aufnahme in den BPP als Bundesprüfer einfach unzureichend. Es genügte oft schon das Vorhandensein einer national und/oder international hoch bewerteten Sammlung. Auch das von den Prüferaspiranten nachzuweisende Vergleichsmaterial war weit von heutigen Anforderungen entfernt.
  5. Die deutschen Sammelgebiete ab 1945, die in den 60er Jahren einen wahren Preisboom erlebten, waren mit Ausnahme der Mi.-Nr. 73–100 allein schon im Hinblick auf die stark steigende Zahl von Prüfungen und die abzudeckenden Prüfgebiete völlig unzureichend besetzt, insbesondere Französische Zone, Bizone, Bund und Berlin.
  6. Und es gab auch Prüfer, die charakterlich ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren, wie z.B. der Baden-Prüfer Max Unverferth, der 1968 seinen Hut wegen zahlreicher Gefälligkeitsatteste nehmen mußte, oder der Bremen-Prüfer August Koch, der auf Empfehlung von Georg Landré am 19. Oktober 1963 aufgenommen, bereits 1968 wegen der Ausstellung zahlreicher wahrheitswidriger Atteste ausgeschlossen wurde.

Vor dem Hintergrund dieser Situation trafen sich zehn Auktionatoren am 18./19. Dezember 1968 in Düsseldorf zu einer „seit langem geplanten Tagung über Probleme des Prüfungswesens“. Das Protokoll vermerkt: „Dr. D(erichs) umriß eingangs kurz die Funktionsstörung des P-Wesens in wesentlichen Bereichen. Er setzte die Tatsachen als bekannt voraus und wies besonders auf die längst überholte P-Ordnung und -praxis hin.“

Welche Gedanken sich hinter dieser Protokollformulierung verbargen, wird aus einem Schreiben von Dr. Wilhelm Derichs an Karl-Heinz Dobbert vom 9. November1968 deutlich. In ihm versuchte Derichs mit allen möglichen und unmöglichen Argumenten nachzuweisen, daß die Falschkennzeichnung nicht geeignet sei, Fälschungen zu bekämpfen, sie sei ein „Musterbeispiel für überholtes Denken“. Außerdem seien gegen die Falschkennzeichnung zahlreiche rechtliche Bedenken geltend zu machen. Vielmehr sei es zweckmäßig und notwendig, „die bisher bekannten Fälschungen und zweifelhaften Objekte in einer Liste zu erfassen, zu katalogisieren“. Im „Interesse einer fortschrittlichen Entwicklung der Philatelie“ müßte für diese „eminent wichtige Aufgabe“„wohl eine zentrale Stelle mit Institutscharakter gebildet werden“.

Aufgrund der Besprechung vom 18./19.Dezember entwickelte Derichs eine auf den 11. Januar 1969 datierte 30seitige „Plan-Studie über ein deutsches Prüfungs-Institut für Internationale Philatelie“.

Am 1. Juni 1969 fand in Baden-Baden eine „P-Konferenz“ statt, an der insgesamt zwölf Herren für neun Auktionsfirmen teilnahmen. Gegenstand der Besprechung waren die vorerwähnte Planstudie und die Konkretisierung weiterer Schritte.

Dies führte dazu, daß am 23. Juli 1969 in Köln das „Deutsche Institut für Internationale Philatelie“ (DIP) in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins gegründet wurde, der am 3. Dezember 1969 unter VR 6306 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Köln eingetragen wurde.20) Das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Instituts, der Auktionator Dr. Wilhelm Derichs, informierte den APHV hierüber erstmals mit Schreiben vom 12. November 1969, in dem als satzungsmäßige Aufgabe des DIP u.a. die „Reform und Förderung des Prüfwesens“ genannt wurde. In diesem Schreiben sprach sich das DIP für die Komiteeprüfung aus, „da nur sie ein absolutes Höchstmaß an Sicherheit für die internationale Sammler- und Händlerschaft bieten kann.“ In diesem Schreiben schlug Dr. Derichs außerdem dem APHV ein Treffen zu einem informellen Gespräch vor, zu dem sich dessen Präsident Jürgen Ehrlich mit Schreiben vom 18. November 1969 auch bereit erklärte. Offenbar erhielt auch der BDPh ein gleichlautendes Schreiben, denn am 29. November 1969 fand in Frankfurt eine Besprechung von BDPh, APHV, Verband schweizerischer Philatelistenvereine und DIP statt.

In der Mitgliederversammlung des BPP am 23. November 1969 nahm Debo zum DIP wie folgt Stellung: „Ein in Köln gegründetes Deutsches Institut für Internationale Philatelie ist an verschiedene Mitglieder mit einem Rundschreiben herangetreten, in welchem diese als ordentliche oder außerordentliche Mitglieder dieses Instituts gewonnen werden sollen. Wie in der Diskussion von mehreren Mitgliedern bekannt gegeben wurde, handelt es sich hier um eine Gründung von Auktionsfirmen mit einem Kapital von 100.000,– DM, wovon 60 % von der Firma H. C. Schwenn gestellt worden sein sollen. Angesichts der wiederholt zu Tage getretenen Einstellung insbesondere gerade der Firma Schwenn gegen das Prüfwesen, ist diese Gründung offensichtlich als Kampfmaßnahme gegen den Bund der philatelistischen Prüfer anzusehen. Es ist nicht bekanntgeworden, welche Personen überhaupt hinter dieser Gründung stehen. Auch dies muß befremden, da üblicherweise gerade mit angesehenen und bekannten Mitgliedern bei solchen Neugründungen geworben wird. Die Tatsache, daß die Vorstandsmitglieder unseres Bundes von dieser Neugründung nicht unterrichtet wurden, sondern daß unmittelbar an Einzelmitglieder herangetreten wurde, zeigt weiterhin, daß eine Aufsplitterung des deutschen Prüfwesens beabsichtigt ist. Die Einführung einer Prüfkommission von mehreren Mitgliedern soll möglicherweise die persönliche Verantwortung jedes einzelnen Prüfers zurückstellen und die anonyme Mitarbeit von Personen gestatten, die von ihren Verbänden ausgeschlossen oder durch Gerichtsurteil in ihrer Prüftätigkeit behindert sind. Wie jeder mit den Verhältnissen vertraute Prüfer weiß, sind mehr denn je Spezialkenntnisse auf jedem Einzelprüfgebiet erforderlich, ebenso ein immer umfangreicher werdendes Vergleichsmaterial. Es ist ausgeschlossen, daß einigermaßen schwierige Prüfungen durch Kommissionen erfolgen und gefährliche Fälschungen durch solche erkannt werden können. Dazu kommt, daß die Dauer solcher Prüfungen das Mehrfache der bisher üblichen Zeit betragen muß, und daß das Risiko durch den häufig mehrfachen Versand der Prüfsendungen vervielfacht wird.“

Die Mitgliederversammlung beschloß daraufhin folgendes:

„Weil der BdPH und der APHV ihre Aufgaben auf dem Gebiet des Prüfungswesens zur Wahrung der Einheitlichkeit dem BphP übertragen haben, ist die ordentliche oder außerordentliche Mitgliedschaft in einer weiteren privaten Organisation mit Sitz in der BRD, die sich mit Prüfungen von Postwertzeichen befaßt, unvereinbar mit einer Mitgliedschaft im BphP. Die Mitgliedschaft in einer Prüferorganisation, die ihren Sitz im Ausland hat, wird hiervon nicht berührt.“

Mit Schreiben vom 24. November 1969 unterrichtete Dr. Debo in seiner Eigenschaft als Leiter der Bundesstelle C-Prüfungswesen den BDPh-Präsidenten Wilhelm Kähler über die Beschlüsse der Mitgliederversammlung des BPP vom Vortag. Hierbei wies er auch darauf hin, daß er aus dem Kreis der Mitglieder darüber informiert worden sei, „daß am 29.11. in Frankfurt eine Besprechung zwischen BDPh, APHV und Auktionatorenverband stattfinden solle, zu der auch Vertreter ausländischer Prüferverbände geladen seien“ und brachte sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, daß weder der Vorstand des BPP noch der Leiter der Bundesstelle C eingeladen worden seien.

An dem Gespräch am 29. November nahmen für den BDPh die Herren Kähler, Buerose, Bögershausen, Brocks, Dobbert und Dr. Jaeger teil, für den APHV die Herren Ehrlich und Schwanke, für die Schweiz die Herren Baumberger und Dr. Wolff und für das DIP die Herren Dr. Bornhöved, Dr. Derichs und Dr. Schlemmer. Kähler informierte das DIP über den Beschluß der Mitgliederversammlung des BPP vom 23. November, daß eine Mitgliedschaft im DIP eine Mitgliedschaft im BPP ausschließe. Das von Dr. Derichs am 11. Januar 1970 verfaßte Protokoll vermerkte dann: „Für den BDPh bedauerte Herr Kähler den Münchner Beschluß und sagte zu, sich für eine Klärung der Situation in unserem Sinne einzusetzen.“

In einem Gespräch zwischen APHV und DIP am 3.12.1969 regte Ehrlich – vom DIP auf den Münchner Beschluß angesprochen – ein Gespräch zwischen DIP und dem Vorstand des BPP an.

Diese Anregung griff Derichs sofort auf. In einem Schreiben vom 8. Dezember 1969 21) an Dr. Debo schlägt das Institut eine Besprechung vor, um ihn „persönlich zu informieren und entstandene Mißverständnisse auszuräumen“, da die Mitgliederversammlung des BPP einen für das DIP unverständlichen und offenbar gegen es gerichteten Beschluß gefaßt habe.

Diese Besprechung, die im wesentlichen den Austausch der gegenseitigen Standpunkte beinhaltete, fand am 19. Dezember 1969 in München statt. Über sie informierte Debo ausführlich im Rundschreiben des BPP, Nr. 41 vom
20. April 1970.

Am 13. Januar 1970 befaßte sich der APHV in einer Vorstandssitzung mit dem DIP. Das Protokoll vermerkte hierzu:

„Herr Ehrlich berichtete, dass dieses Institut ins Leben gerufen worden sei. Dahinter stecke die Firma Schwenn und die Auktionatoren. Hauptziel sei, das derzeitige Prüfungswesen umzugestalten. Nachträglich sei man an den Bund Deutscher Philatelisten und an uns herangetreten. Beide Verbände haben eine ablehnende Haltung eingenommen. Der Prüferbund hat beschlossen, dass die Mitgliedschaft im Deutschen Institut für internationale Philatelie unvereinbar mit der Mitgliedschaft im Prüferbund sei.“

Das DIP nahm am 1. März 1970 seine Tätigkeit auf. Zu diesem Anlaß erfolgte eine Eröffnungssitzung am 28. Februar 1970 im Kölner Gürzenich. Hierbei wurde herausgestellt, daß die Forderung „Mehr Sicherheit für Sammler und Händler“ an „hervorragender Stelle des Programms“ stehe und „durch eine Reform des Prüfungswesens konkret eingeleitet“ werde, da „das in der Bundesrepublik Deutschland praktizierte Prüfungswesen nicht mehr in allen Details den zeitgemäßen Anforderungen“ entspreche. Diese machte das DIP daran fest, daß es an einigen Beispielen die – tatsächliche oder vermeintliche – Problematik lediglich signierter Marken aufzeigte und als Lösung hierfür das Fotoattest herausstellte.

Weiter monierte das DIP die langen Wartezeiten für Prüfsendungen. Wie diese durch eine Komiteeprüfung zu verkürzen gewesen wären, dafür blieb es die Begründung schuldig.

Das stärkste Stück aber war, daß das DIP als Argument gegen das bisherige Prüfwesen anführte, daß Reklamationen bereits geprüfter Marken nur dann anerkannt würden, wenn mehrere Gegenatteste verschiedener Prüfer vorgelegt würden. Diese Atteste könnten jedoch fast nie innerhalb der Reklamationsfrist beigebracht werden, was durch das Hin- und Herschicken zu verschiedenen Prüfern und teils lange Bearbeitungszeiten bedingt sei. Das DIP übersah dabei geflissentlich, daß diese Reklamationsbedingungen solche der damaligen Auktionshäuser waren und auch die Bearbeitungszeit durch eine Komiteeprüfung nicht zu verkürzen war, es sei denn, man unterstellte, daß das Komitee gleichzeitig an einem Tisch saß und prüfte, was natürlich eine völlig unrealistische Vorstellung war.

Anfang März 1970 veröffentlichte der BDPh folgende Stellungnahme: „Wir betrachten nach wie vor den Bund der philatelistischen Prüfer als den für uns massgeblichen Sachwalter im Prüfwesen. Dieser Prüferbund ist international verankert. Er verfügt über Erfahrungen und die in ihm vereinigten Prüfer über das erforderliche Sachwissen. Eine Fortentwicklung des Prüfwesens kann nur über den Bund erfolgen.“

Auch der APHV bezog eindeutig Stellung: „Nachdem sich erwiesen hat, daß dieses Institut keineswegs von allen Säulen der Philatelie getragen wird, sondern lediglich die Gründung eines kleinen, für die Philatelie nicht repräsentativen Kreises zur Verfolgung verschwommener ideeller und handfester geschäftlicher Ziele darstellt, sieht der Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels keinen Anlaß, dieses Institut in diesem Stadium zu fördern.

Der Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels muß allen seinen Mitgliedern gegenüber neutral sein. Er kann nicht einzelne Fachgruppen oder Personenkreise bevorzugen. Die bislang am Deutschen Institut beteiligten Kreise bieten nicht die Gewähr für die erforderliche Neutralität und geschäftliche Unabhängigkeit, die sich das Institut nach außen zu geben versucht.

Der Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels verkennt nicht, daß auf dem Gebiet des philatelistischen Prüfwesens Weiterentwicklungen notwendig sind. Diese können jedoch nur im Zusammenwirken aller Beteiligten verwirklicht werden, d.h. mit dem Bund Deutscher Philatelisten und dem Bund der Philatelistischen Prüfer.“ 22)

Im letzten Absatz klang an, was Ende 1970 in einer konzertierten Aktion APHV–BDPh kontra BPP eingeleitet werden sollte.

Das DIP hatte, nachdem sich APHV und BDPh eindeutig für den BPP entschieden hatten, keine Chance, die von ihm angestrebte Bedeutung zu erlangen. In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des DIP am 3. Juli 1970 standen in der Tagesordnung bereits zwei Punkte obenan, nämlich

Finanzielle Situation des Institutes

Zukunftsplanung und Rentabilität

Hinzu kam, wie man dem Protokoll seiner Mitgliederversammlung vom 9. Dezember 1971 entnehmen kann, daß das DIP nicht über genügend Prüfer verfügte, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Das gipfelte dann darin, daß man Auktionatorenkollegen als Prüfer mit heranziehen wollte. Weiter wurde deutlich, daß sich die Mitgliedsfirmen nicht solidarisch zeigten, indem sie sich nicht an ihre Zusage hielten, „bereits einwandfrei geprüfte hochwertige Objekte zur Ausstellung eines DIP-Attestes einzureichen, um das Institut bekannt zu machen. Dies sei nur in ganz wenigen Fällen eingehalten worden. In den Auktionskatalogen seien DIP-attestierte Marken eine Ausnahme.“

Da man offenbar nicht genügend höherwertige Marken erhielt, die für eine Prüfung durch mehrere Experten geeignet waren, erwog man, auch geringwertige Marken, evtl. mit Klein-Attest ohne Haftung, zu prüfen. Damit war aber erst recht keine Kostendeckung zu erzielen.

Das Protokoll der Mitgliederversammlung des DIP vom 30. Juni 1972 enthielt zur Finanzlage folgenden Passus: „Beitrag Mathis wegen Offenbarungseid uneinbringlich, Beitrag Schwenn wegen Anschlußkonkurs dto.“

Mit Schreiben vom 15. Mai 1974 wandte sich das DIP an die Mitglieder des BDB und stellte aus seiner Sicht nochmals die Probleme des Prüfwesens dar. Da dem DIP keine finanziellen Mittel mehr zugeflossen seien, könne es sich künftig „nur noch als Gutachterstelle zur Klärung und Entscheidung in Zweifelsfällen oder Streitfragen betätigen.“ Das war das Ende der hochfliegenden Pläne des Jahres 1969.

Über einen Reanimierungsversuch berichtete Dr. Debo in der Mitgliederversammlung des BPP vom 10. April 1976: „Das praktisch eingeschlafene DIP wurde vom Versteigererverband wiederbelebt. Herr Peinelt hat die Nachfolge von Dr. Derichs angetreten. Der Versteigererverband hat seine Mitglieder aufgefordert, Mitglied des DIP zu werden und es finanziell zu unterstützen. Nach meinem Dafürhalten steht das im Gegensatz zu den Vereinbarungen, die zwischen den Spitzenverbänden getroffen wurden.“ Aber auch dieser Versuch blieb erfolglos. Und so konnte Dr. Debo im Rundschreiben des BPP, Nr. 72 vom 28. Juli 1977, berichten: „Außerhalb der Mitgliederversammlung erfuhr der 1. Vorsitzende, daß das Ruhen des D.I.P. von dessen Mitgliedern beschlossen wurde.“

Zweifellos war die Gründung des DIP der Auslöser dafür, daß sowohl APHV als auch BDPh begannen, sich intensiv mit dem Prüfwesen und der Fälschungsbekämpfung zu befassen. Am 20. März 1970 gaben APHV und BDPh in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt, daß sie das Inkrafttreten des neuen Postgesetzes zum Anlaß genommen hätten, eine gemeinsame Fälschungsbekämpfungsstelle zu gründen, die „Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung beim BDPh und APHV“.

In der ersten gemeinsamen Vorstandssitzung beider Verbände, die ebenfalls am 20. März 1970 stattfand, und an der auch Dr. Debo und Dobbert teilnahmen, waren sich die Präsidenten von APHV und BDPh, Ehrlich und Kähler einig, „sich in Zukunft mehr um den Prüferbund (zu) kümmern, wozu insbesondere die Teilnahme an den Mitgliederversammlungen geeignet sei.“ 23)

In der vorgenannten Pressekonferenz wurde Debo mit zahlreichen Fragen der Presseleute zu Prüfungs- und Prüferfragen konfrontiert, aus denen anklang, daß das Prüfwesen, was die Professionalität betraf, damals mit gewissen Fragezeichen zu versehen war.

„Es wurde angeregt, im Falle des Versagens von Prüfern, hier wurden die Herren U(nverferth) und K(och) genannt, dies unter Namensnennung zu veröffentlichen, ebenso sollten nicht zutreffende Atteste öffentlich für ungültig erklärt werden. Es wurde beanstandet, daß ältere Prüfer, genannt wurden Dr. D(ub) und E(rnst) B(ecker) 24, 25) „nicht von sich aus die Prüftätigkeit einstellten, da sie offensichtlich nicht mehr in der Lage seien, 100%ige Prüfungen durchzuführen. Gegen Dr. D(ub) wurde der Vorwurf erhoben, er signierte nachgummierte Marken als vollwertig, wenn nur der Aufdruck echt sei. Die Prüfungen dauerten zu lange. Die Prüferschaft sei überaltert, es müsse etwas für den Nachwuchs getan werden.“26)

In einem Schreiben vom 8. Mai 1970 an den APHV brachte der BDPh im Zusammenhang mit dem DIP zum Ausdruck, daß er nach wie vor am BPP festhalte, „dem wir jede Unterstützung zuteil werden lassen.“ Der BDPh bat um Bestätigung einer gleichlautenden Verfahrensweise des APHV.

Diese erfolgte mit Schreiben des APHV vom 12. Mai 1970: „Auf jeden Fall werden wir auch am Bund philatelistischer Prüfer festhalten, wobei es aber durchaus notwendig ist, unseren eigenen Einfluß in diesem Verband nachdrücklicher zur Geltung zu bringen.“

Wie diese Einflußnahme aussehen sollte, machte das Schreiben des APHV vom 9. November 1970, zwei Wochen vor der Mitgliederversammlung des BPP, deutlich:

„Der Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Briefmarkenhandels – APHV hat seit längerer Zeit festgestellt und bedauert, dass die Zusammenarbeit zwischen beiden Verbänden in den letzten Jahren sehr mangelhaft war. Deshalb hat der Vorstand sich entschlossen, zu Ihrer Hauptmitgliederversammlung am 22.11.70 Vertreter zu entsenden. Diese sind beauftragt, in Ihrer Versammlung folgende Dinge zur Sprache zu bringen:

‚Die Zusammenarbeit zwischen dem Bund der philatelistischen Prüfer und seinen Trägerverbänden – nämlich dem Bund der deutschen Philatelisten und dem APHV – entspricht nicht mehr den Vorstellungen, die im Jahre 1958 Anlass gaben, die Aufgaben auf dem Gebiete des Prüfungswesen dem Bund der philatelistischen Prüfer zu übertragen.‘“

Dann stellte der APHV folgende Forderungen auf:

  1. APHV und BDPh vermißten eine laufende Unterrichtung ihrer Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung über die bei den Mitgliedern des BPP angefallenen Erkenntnisse von auftauchenden Fälschungen.
  2. Bei verschiedenen Bundesprüfern sei mangelnde Disziplin gegenüber dem DIP festzustellen, d.h. ein Teil der Prüfer halte sich nicht an die Richtlinien, die in dieser Sache vom BPP beschlossen wurden. Deshalb sei die Satzung des BPP zu ergänzen.
  3. Vor Bekanntgabe eines Aufnahmeantrages in den BPP solle das Plazet des APHV und BDPh eingeholt werden.
  4. Die Bestellung zum Bundesprüfer solle zeitlich begrenzt und in einem gewissen Zeitraum zu erneuern sein. Dies sei satzungsgemäß zu verankern.
  5. Die nach der Satzung des BPP zu wählenden stellvertretenden Vorsitzenden sollten gleichzeitig Vorstandsmitglieder je eines der beiden Trägerverbände (APHV und BDPh) sein. Für den Fall, daß hierfür aus den Reihen der Bundesprüfer ein solches Vorstandsmitglied nicht verfügbar sei, sollte in diese Funktion die Wahl eines Nichtprüfers zulässig sein.
  6. Die Geschäftsstelle des BPP solle mit der des BDPh in Frankfurt/Main koordiniert werden.

Eine Kopie dieses Schreibens sandte der APHV am 9. November 1970 an den Präsidenten des BDPh, Wilhelm Kähler, der am 13. November 1970 an Dr. Debo schrieb, daß der BDPh dem Schreiben des APHV in vollem Umfang beitrete.

Das Schreiben des APHV gab Dr. Debo mit Rundschreiben des BPP, Nr. 44 vom 14. November 1970, den Mitgliedern zur Kenntnis. Die damals herrschende Stimmung verdeutlicht ein Schreiben des BDPh-Vizepräsidenten Dr. Heinz Jaeger vom 14. November 1970 an Karl-Heinz Dobbert, Leiter der Bundestelle Fälschungsbekämpfung und Vertreter des BDPh in der Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung. „Seit Jahren ist es ja mein persönliches Anliegen, die Prüferfrage neu zu überdenken und eine straffer geordnete Organisation zu schaffen. Es kann so auf keinen Fall weitergehen … Wir haben jetzt auch die grosse Möglichkeit, mit dem Händlerverband zusammen vorwärts zu kommen.“

An der Mitgliederversammlung am 22. November 1970 nahmen von Seiten des BDPh die Herren Dr. Jaeger und Dobbert, von Seiten des APHV die Herren Ehrlich und Schwanke teil.

In dieser Versammlung sattelten APHV und BDPh nochmals drauf. Am 3. Dezember 1970 schrieb Ehrlich an Dr. Debo, wie er seine in der Mitglieder-versammlung vorgetragenen Forderungen im Protokoll formuliert sehen wollte, die wie folgt wörtlich übernommen wurden:

  1. Die Bewerbung des Bundesprüfers soll in Zukunft nicht mehr direkt an den Prüferbund herangetragen werden, sondern an die beiden Trägerorganisationen. Dort soll eine Art Vorprüfung erfolgen hinsichtlich der persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers, denn da der Antragsteller Mitglied des Bundes oder des APHV sein muß, kann er in dieser Hinsicht von den Verbänden am besten beurteilt werden. Erst auf Vorschlag eines der beiden Trägerverbände soll dann der Prüferbund das übliche Aufnahmeverfahren, wie gehabt, in Gang setzen.
  2. Die Berufung zum Bundesprüfer soll nicht mehr auf Lebenszeit erfolgen, sondern zeitlich begrenzt sein.
  3. Die Bundesprüfer sollen sich für ihre Atteste einheitlicher Formulare bedienen.
  4. Jeder Bundesprüfer soll gehalten sein, das von ihm erstellte Attest in doppelter Ausführung anzulegen und die Durchschrift an den Prüferbund geben. Sofern über einen Prüfvorgang kein Attest erstellt wird, soll der Prüfvorgang, ob negativ, oder positiv, aktenkundig gemacht werden. Jeder Bundesprüfer muß dem Prüferbund auf dessen Verlangen Einblick in die Prüferakte geben.
  5. Die Bundesprüfer sollen einen einheitlichen Prüfstempel erhalten, der Eigentum des Prüferbundes ist und nach Ausscheiden des Bundesprüfers an den Prüferbund zurückzugeben ist.
  6. Der Bundesprüfer darf nur das Gebiet prüfen, für welches er zum Bundesprüfer bestellt worden ist. Er soll auch nicht als ‚Privatmann‘ vielleicht mit einem anderen Prüferstempel andere Gebiete prüfen. Es soll auf jeden Fall sichergestellt sein, daß Bundesprüfer ausschließlich für das Gebiet tätig sind, für das sie bestellt sind.
  7. Der gegenwärtige Jahresbeitrag für den Prüferbund wird als vollkommen unzureichend angesehen. Es wird angeregt, bei denjenigen Prüfern, die einer nachhaltigen Prüferarbeit nachkommen, eine bestimmte Umsatzumlage zu erheben.“

Die in der Mitgliederversammlung vorgetragenen Forderungen von Dr. Jaeger, die ausformuliert dem BPP erst nach der mit Rundschreiben des BPP, Nr. 45 vom 18. Dezember 1970, erfolgten Versendung des Protokolls der Mitgliederversammlung zugingen, wurden den Mitgliedern mit Rundschreiben des BPP, Nr. 46 vom 9. Februar 1971, zur Kenntnis gegeben, wobei darauf hingewiesen wurde, daß Dr. Jaeger diese Ausführungen zugleich für den APHV gemacht habe.

Dr. Jaeger ging von der Überlegung aus, daß die Briefmarke Handelsobjekt, Wertobjekt und Geldanlage sei und deshalb Sammler und Käufer geschützt werden müßten. Dabei bedeute die Tätigkeit des Bundesprüfers, der ja die Echtheit und Erhaltung zu beurteilen habe, eine gewaltige Verantwortung.

„Um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, muß jeder Bundesprüfer folgende Mindestforderungen erfüllen:

a) er muß umfassendes Wissen hinsichtlich seines Prüfgebietes haben,

b) er muß eine reiche und möglichst langjährige Erfahrung haben,

c) er muß einen einwandfreien Leumund haben,

d) er muß auf seinem Gebiet geforscht haben,

e) er muß im Besitz einer umfassenden Prüfer- oder Vergleichssammlung
seines Prüfgebietes sein.

Die ‚Schirmherren‘ des Prüferbundes wollen einen neuen Anfang hinsichtlich des zu schaffenden ‚Bundesprüfers‘ in diesem Sinne setzen.

Die Grundlage gibt uns hierzu die Überdenkung der Satzung des Bundes der philatelistischen Prüfer. Hierzu machen der BDPh und der APHV folgende Vorschläge:

  1. Träger des Bundes der philatelistischen Prüfer sind:
    a) der Bund der philatelistischen Prüfer,
    b) der Bund Deutscher Philatelisten (BDPh) und
    c) der Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels (APHV)
    mit den Auktionatoren,
    wobei der BDPh die organisierten Sammler und die nichtorganisierten
    Sammler, der APHV die organisierten deutschen Händler und Auktionatoren repräsentieren.
  2. Es soll deshalb eine Kommission aus Vertretern dieser drei Organisationen gebildet werden, die für eine (außerordentliche) Hauptversammlung des Prüferbundes vorbereitend über folgende Fragen beraten soll:
    a) Die Berufung von Bundesprüfern einschließlich des vorbereitenden Verfahrens,
    b) die in bestimmten Zeitabständen (2-3 Jahre) vorzunehmende Bestätigung eines Bundesprüfers und
    c) die Abberufung der Bundesprüfer.
    Bei allen drei Punkten können Vertreter der AG des BDPh in speziellen Fragen, insbesondere in Fragen des Nachwuchses, hinzugezogen werden.
  3. a) Nur den von diesen beiden – in der Satzung zu verankernden – Gremien (Kommission und Hauptversammlung) ernannten und bestätigten Prüfern wird gestattet, den Titel ‚Bundesprüfer‘ zu führen,
    b) die Bundesprüfer sollen einen einheitlichen Stempel ‚Bundesprüfer’ erhalten, der Eigentum des Prüferbundes und nach Ablauf der ‚Prüfzeit’ an den Prüferbund zurückzugeben ist,
    c) jeder Prüfer muß einheitlich numerierte Befundatteste erstellen, von denen ein Durchschlag einer zu vereinbarenden Zentralstelle zugeleitet werden soll. Nicht attestierte Prüfvorgänge sind aktenkundig zu machen. Der Prüferbund darf jederzeit Einblick nehmen.
    d) Bei Abberufung oder Ablauf der Prüferzeit muß der Bundesprüfer die noch vorhandenen numerierten (nicht verbrauchten) Atteste und sein Signum – Prüfstempel – zurückgeben; das Signum ist unter Aufsicht zu vernichten.
    e) Der Bundesprüfer soll Spezialprüfer eines geschlossenen Teilgebietes sein; dies ist dahin zu verstehen, daß z.B. Altdeutschland generell heute nicht mehr als Prüfgebiet vertretbar ist.
    f) Lösung des jetzt bestehenden Problems der ‚Spezialprüfer’ usw., d. h. Abstellung der Möglichkeit des Weiterprüfens nach einer Abberufung unter diesem Titel oder einem ähnlichen Titel. Dies würde bei Annahme der vorgeschlagenen Punkte sich von selbst erledigen.
    g) Kommissionsprüfung in besonderen Fällen.
    h) Anerkennung nur der Atteste der Bundesprüfer für die Bereiche des BDPh und des APHV einschließlich des/der Auktionatoren/Verbandes.
    i) Förderung der internationalen Zusammenarbeit der nationalen Prüfergremien, der internationalen Sammlerorganisationen und der internationalen Händler- und Auktionatorenverbände.
    k) Intensiver, regelmäßiger internationaler Gedankenaustausch und entsprechende Veröffentlichungen.
    l) Erhaltung wertvoller Prüfungssammlungen nach Ableben eines Bundesprüfers oder Aufgabe des Prüfens durch entsprechende Institutionen.
    Schlußbemerkung:
    Dem BDPh und dem APHV liegt sehr am Herzen, das deutsche Prüfungswesen im modernen, einwandfreien Sinne durchzusetzen. Beide wünschen eine klare Trennung von dem in Deutschland z. Z. bestehenden Institut … Sie erstreben eine umfassende Neubearbeitung der Satzung des deutschen Prüferbundes auf der Grundlage obiger Vorschläge in Zusammenarbeit mit BDPh und Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels.
  4. Der Jahresbeitrag ist unzureichend. Bei hauptberuflichen Prüfern soll eine Umsatzumlage erhoben werden.“

Dr. Debo merkte hierzu folgendes an: „Diese Ausführungen werden, ebenso wie die bereits in unserem Protokoll v. 22. November zitierten Äußerungen des ‚Bundesverbandes des deutschen Briefmarkenhandels (APHV)’ lediglich zur Information unserer Mitglieder wiedergegeben, stellen aber keineswegs etwa in allen Punkten die Meinung des Vorstandes dar. Zweifellos wird in gewissen Punkten eine Zustimmung der Mitgliederversammlung nicht erfolgen können, während in anderen Punkten sich die gegebenen Anregungen durchaus verwirklichen lassen und in der Neufassung der Prüfordnung sowie in Satzungsänderungen niedergelegt werden müßten.“27)

In der Mitgliederversammlung vom 22. November 1970 wurde die Einsetzung zweier Kommissionen beschlossen.

Die eine, in der die Wünsche von APHV und BDPh sowie die gegebenenfalls erforderlichen Satzungsänderungen diskutiert werden sollten, bestand aus je zwei Vorstandsmitgliedern der beteiligten Verbände. Das waren für den BDPh die Herren Karl-Heinz Dobbert und Dr. Heinz Jaeger, für den APHV die Herren Jürgen Ehrlich und Günther Schwanke und für den BPP die Herren Dr. Arno Debo und Franz Pfenninger.

von links: Dr. Arno Debo, Franz Pfenninger, Maria Brettl, 1972.jpg

Die andere sollte sich mit dem Entwurf einer neuen von Dr. Heinrich Schneider verfaßten Prüfordnung befassen, die mit Rundschreiben des BPP, Nr. 44 vom 14. November 1970, den Mitgliedern zugesandt worden war. Diese Kommission bestand aus folgenden sieben Mitgliedern: Justizrat Dr. Heinrich Schneider als Vorsitzender, Amtsgerichtsdirektor i.R. Friedrich Karl Vossen, Dr. Heinrich Wittmann, Franz Pfenninger, Erster Staatsanwalt Karl-Heinz Dobbert als Vertreter des BDPh, Rechtsanwalt Schmidt-Lonhardt als Vertreter des APHV und Gerichtsreferendar Gerrick von Hoyningen-Huene, der eine Dissertation über die Prüferhaftpflicht erstellt hatte.

In dieser Situation schrieb Dr. Debo am 29. Dezember 1970 an den Präsidenten des BDPh, Wilhelm Kähler, daß er sich gezwungen sehe, nach über sechsjähriger Tätigkeit die Leitung der Bundesstelle C-Prüfungswesen zum 31. Dezember 1970 niederzulegen. Er begründete dies damit, daß der Vorstand des BDPh „in wesentlichen Fragen des Prüfungswesens tätig wurde bzw. Entscheidungen traf, ohne – mit einer Ausnahme – den zuständigen Bundesstellenleiter hinzuzuziehen.“28)

Im Rundschreiben des BPP, Nr. 47 vom 22. Juni 1971, veröffentlichte Dr. Debo sein Schreiben vom 11. Mai 1971 an den APHV und den BDPh, in dem er mitteilte, daß er auf der nächsten Mitgliederversammlung des BPP folgende Anträge stellen werde:

  1. „Es wird ein einheitliches Prüfzeichen eingeführt, das Eigentum des Prüferbundes bleibt und den Prüfern auf Widerruf zur Verfügung gestellt wird. Die Einziehung des Prüfzeichens kann nur auf satzungsgemäße Gründe gestützt werden. Die Eintragung als Verbandszeichen gemäß § 17 WZG wird geprüft.
  2. Der Bundesprüfer darf mit diesem Prüfzeichen nur Gegenstände signieren, für die er ausdrücklich als Bundesprüfer zugelassen ist.
  3. Es werden Attestformulare eingeführt, die neben einem einheitlichen Kopf den individuellen Zudruck mit Angabe der Prüfungsgebiete enthalten. 29)
  4. Auf den Attestformularen und unseren Briefköpfen usw. wird gemäß Vereinbarung vom 7.12.1958 der Zusatz angebracht ‚Im BDPh und APHV‘ neben den Emblemen beider Organisationen.
  5. Bei Mißgriffen eines Prüfers, die an sich noch keinen Ausschluß rechtfertigen, kann der Vorstand eine Verwarnung erteilen. Nach drei Verwarnungen erlischt automatisch die Mitgliedschaft.

Grundlage der Ordnung des Prüfungswesens sind die von APHV und BDPh am 7. Dezember 1958 in Wiesbaden aufgestellten und von den Prüfern gebilligten 17 Punkte. Der danach ausgeschlossene direkte Einfluß der beiden Schirmherren auf die Ernennung und Abberufung von Bundesprüfern ist auch nicht erforderlich, da nach § 4,1 unserer Satzung die Mitgliedschaft in einem Ihrer Verbände zwingend vorgeschrieben ist. Beim Ausscheiden eines Bundesprüfers aus APHV oder BDPh erlischt somit automatisch die (ordentliche) Mitgliedschaft im Bund philatelistischer Prüfer e.V. Beide Verbände werden, zumindest seit ich Vorsitzender des BDPh bin, so rechtzeitig von Bewerbungen unterrichtet, daß sie ihre Bedenken vortragen können. Dieser Usus soll beibehalten werden. Daß bei Ernennung und Abberufung die rechtsstaatlichen Grundsätze gewahrt werden müssen, ist wohl selbstverständlich.

Zeitlich begrenzte Ernennung zum Bundesprüfer und Aufzeichnungen über sämtliche Prüfungen sind, wie ich Ihnen bereits mündlich dargelegt habe, nicht praktikabel. Die Erfahrung hat auch gezeigt, daß es ausreicht, wenn die Oberprüfstelle im Kollegial- oder Kommissionsverfahren arbeitet. Anderenfalls würden die Prüfungen blockiert und es entfiele jede zweite sachkundige Instanz.

Bei dieser Sachlage erscheint mir die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung nicht erforderlich, zumal die Kommission für die juristische Überarbeitung der Prüfungsordnung ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat.

Erforderlich ist noch eine Anhebung der Mindestgebühren, da die derzeitige Mindestgebühr von DM 0,50 je Marke laufend mißbraucht wird.

Schließlich weise ich aus gegebenen Anlässen noch darauf hin, daß der Wille zur Zusammenarbeit auf allen Seiten vorhanden sein muß. Ich würde es begrüßen, wenn die Zusammenarbeit zwischen Prüferbund und BDPh so gut würde, wie sie es mit dem APHV ist.“

Dieses Schreiben beantwortete Dobbert für den BDPh am 25. Mai 1971. Er brachte zum Ausdruck, daß er den Anträgen 1 bis 5 nur zustimmen könne. Dann aber kam er auf die bekannten Forderungen des BDPh zurück:

  1. Die Einflußnahme der beiden Schirmherren APHV und BDPh auf Ernennung und Abberufung von Bundesprüfern müßte neu geregelt werden.
  2. Zeitlich begrenzte Zulassungen von Prüfern müßten entgegen der Auffassung von Dr. Debo machbar sein.
  3. Vollständige Aufzeichnungen über die durchgeführten Prüfungen müßten vorgenommen werden können.

Am 1. Juni 1971 schrieb Dr. Heinrich Schneider ausführlich an Dr. Jaeger, wobei er das ihm von Dobbert in Kopie übersandte Schreiben an Dr. Debo vom 25. Mai 1971 und die Ausführungen von Dr. Jaeger im Rundschreiben des BPP, Nr. 46 vom 9. Februar 1971, zum Anlaß nahm. Schneider sah in den Vorschlägen des BDPh viel zu viel – wie man heute sagen würde – Regulierung. Eine Zulassung von Prüfern auf Zeit hielt er für „unsinnig“. „Was uns Not tut, ist eine Regelung im Falle des Versagens, also künftige Fehlprüfungen von Prüfern, dagegen keine regelmäßige Neuzulassung von allen Prüfern, die sachgemäß arbeiten.“

Bei der Zulassung als Mitglied im BPP könne, da es sich um eine Entscheidung über die Aufnahme eines Mitglieds handele, „nur die Gesamtheit der Mitglieder der aufnehmenden Organisation entscheiden. Die Übertragung der Entscheidung auf Dritte erscheint weder zulässig, noch angebracht. Das heißt nicht, daß Außenstehende oder Dritte nicht mitwirken sollten bei der Prüfung der Frage, ob und inwieweit Kandidaten die an sie zu stellenden Anforderungen erfüllen.“

„Demzufolge sollte man überlegen, wie die Mitwirkung des BDPh und des APHV geschehen kann, jedoch nicht von Trägern des Bundes d. phil. Prüfer, der ja ein selbständiger, rechtsfähiger Verein ist, sprechen.“

Die „Verantwortung für die Zulassung und ihre Folgen wie für einen Ausschluß“ könne „niemals vom Prüferbund genommen und etwa den beratenden Stellen aufgebürdet werden“.

Die Zuleitung eines Doppels der Prüfatteste an eine Zentralstelle bezeichnete Schneider als „Papierkrieg“, zumal eine laufende Kontrolle bei dieser Zentralstelle unmöglich sei.

Schneider wies auch daraufhin, daß, wer „zum Schutz der Sammler reformieren will“, „in jedem Falle die Auktionatoren und Händler zur aktiven Mitarbeit veranlassen“ müsse, wozu die „Zustimmung zur weitestgehenden Kennzeichnung von Fälschungen“ unerläßlich sei.

Dobberts Schreiben vom 25. Mai 1971 beantwortete Dr. Debo am 25. Juli 1971. Zu dessen Punkt 1 nahm er wie folgt Stellung: „Ich habe dem Bundesvorstand bereits in Saarbrücken und Herrn Dr. Jaeger in München auseinandergesetzt, warum eine direkte Einflußnahme der beiden Schirmherren nicht in Frage kommt, so daß sich eine weitere Diskussion hierüber erübrigt.“

Damit berief sich Debo knallhart auf die Gründungsversammlung des BPP am 7. Dezember 1958, bei der APHV und BDPh dem Prüferbund völlige Selbständigkeit und Unabhängigkeit in der Geschäftsführung einschließlich Satzung und Prüfordnung zugesichert hatten. Die Auffassung von Dobbert, „zeitlich begrenzte Zulassungen seien bei uns durchführbar und vollständige Aufzeichnungen über durchgeführte Prüfungen könnten vorgenommen werden“, könnten „nur von jemandem vertreten werden, dem die Realitäten unbekannt sind.“

Wie gereizt die Stimmung war, zeigt ein Gedächtnisprotokoll des APHV-Präsi-denten Ehrlich vom 11. August 1971 über seine Teilnahme an der Vorstandssitzung des BDPh in Kassel vom 7./8. August 1971:

„Herr Dr. Jaeger vertrat die Ansicht, dass auf der nächsten Versammlung des Prüferbundes die beiden Trägerorganisationen eindeutig erklären sollten, dass die von uns gemachten Vorschläge entweder angenommen werden oder andernfalls das Protektorat über den Prüferbund zurückgezogen werden soll. Zur Debatte stand sodann, was in letzterem Fall zu tun sei. Es wurde geprüft, ob ein Zusammengehen mit dem Deutschen Institut für diesen Fall möglich wäre. Da jedoch diese Organisation ebenfalls auf die Bundesprüfer angewiesen ist, scheint dieser Vorschlag auch aus anderen Gründen nicht praktikabel. Es wurde für diesen Fall von uns angeregt, eine Ersatzorganisation ‚Bundeszentrale für das Prüfungswesen‘ analog der Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung zu errichten und die Bundesprüfer dieser Organisation dann schnellstens zu unterstellen.“

In einem Schreiben vom 18. Oktober 1971 an Dr. Jaeger berichtete Dobbert über die Kommissionssitzung zur Diskussion der neuen Prüfordnung am 9. Oktober 1971 in München, zu der der APHV ohne BDPh und BPP zu benachrichtigen, keinen Vertreter entsandt hatte. Am Schluß seines Briefes schrieb er:

„Insgesamt gesehen meine ich, daß auch nach dieser recht langen und ausführlichen Besprechung die von uns entwickelten Prinzipien in der Hauptversammlung vorgetragen werden müssen und es sollte der Bund zusammen mit dem Bundesverband des Deutschen Briefmarkenhandels eine Änderung des Aufbaus des Prüferbundes anstreben, wie dies von uns beschlossen worden ist.“

Im Vorfeld der Mitgliederversammlung des BPP am 20./21. November 1971 gab es hektische Aktivitäten beim BDPh, wer an der Mitgliederversammlung teilnehmen und wie man mit der Tagesordnung, die ja nun gar nicht den Intentionen von BDPh und APHV entsprach, umgehen sollte. So stimmten sich beide Verbände über ein Schreiben an den BPP ab, das der APHV am 13. November 1971, unterschrieben von APHV-Geschäftsführer Schmidt-Lonhardt, und der BDPh am 15. November 1971, unterschrieben von Vizepräsident Dr. Jaeger und Beisitzer Dobbert, an Dr. Debo sandten. In diesem Schreiben beanstandete man, daß die Tagesordnungspunkte 2 bis 4 (Beschlußfassung über Aufnahmeanträge als außerordentliches Mitglied und als ordentliches Mitglied sowie Anträge auf Erweiterung von Prüfgebieten) nicht zurückgestellt worden seien, bis eine Neuregelung des Aufnahmeverfahrens vorliege. Sowohl APHV und BDPh forderten eine Absetzung dieser Anträge von der Tagesordnung. In seinem Antwortschreiben vom 17. November 1972 an den APHV lehnte Debo dies rundweg ab. Zusätzlich bestand der BDPh auf einer eingehenden Diskussion seiner in der letztjährigen Mitgliederversammlung vorgetragenen Vorschläge.

Die Mitgliederversammlung wurde am 20. November 1971, 14.30 Uhr, eröffnet. Als Vertreter des BDPh war Karl-Heinz Dobbert anwesend. Der APHV war durch Jürgen Ehrlich und Günter Schwanke vertreten. Die Teilnahme von Dr. Heinz Jaeger wurde für den 21. November angekündigt.

Das Protokoll der Mitgliederversammlung weist aus, daß sowohl APHV als auch BDPh klein beigaben. Nach einem Vorgeplänkel über die vorgenannten Schreiben zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 4 zog Dr. Debo die Tagesordnung
wie vorgesehen durch. Am folgenden Tag, nun auch in Anwesenheit von Dr. Jaeger, wurden die von Dr. Debo mit seinem Schreiben vom 11. Mai 1971 angekündigten Anträge und die damit verbundenen Satzungsänderungen
verabschiedet.

Die Beratung der neuen Prüfordnung wurde aus Zeitgründen abgesetzt und auf die nächste Mitgliederversammlung vertagt.

Als Fazit der Mitgliederversammlung vom 20./21. November 1971 bleibt festzuhalten:

  1. Sinnvolle Reformvorschläge von APHV und BDPh30) wurden von den Mitgliedern des BPP angenommen.
  2. Die Bemühungen von APHV und BDPh, die Vereinbarungen vom 7. Dezember 1958 über die Unabhängigkeit des Prüfwesens zu kippen, waren erfolglos.

Ein von Dr. Wittmann über diese Mitgliederversammlung verfaßter Bericht, der an die Presse ging, rief die Versteigerer auf den Plan. Ausgehend von dem Vorwurf des BPP, eine Reihe von Auktionshäusern hätten sittenwidrige Versteigerungsbedingungen, die die Fälschungsbekämpfung erschwerten, kam es am 25. März 1972 zu einem Gespräch zwischen BDB31), BPP32) und Karl-Heinz Dobbert33) als Vertreter der Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung. Dabei machten die Versteigerer deutlich, daß sie im Verhältnis zum BPP die gleiche Stellung wie APHV und BDPh anstrebten, d.h. sie wollten ebenfalls als Schirmherr des BPP anerkannt werden.

Einen noch nicht zwischen BDB und BPP abgestimmten Protokollentwurf über dieses Gespräch sandte Willi Fehr am 28. März 1972 an Dr. Heinz Jaeger, wobei er anmerkte:

„Die Haltung des Prüferbundes ist nach wie vor eine ablehnende in allen Fragen der Mitbestimmung. Eine Änderung scheint mir nur möglich, wenn alle Verbände entschlossen sind, einen massiven Druck auszuüben. Dem Vorschlag des Versteigererverbandes für ein gemeinsames Gespräch aller philatelistischen Verbände stand Dr. Debo auch sehr zurückhaltend gegenüber.“

Wodurch diese Zurückhaltung begründet war, wird deutlich, wenn man im Protokollentwurf die Forderungen des BDB nach einer „Neuorganisation des Prüfwesens“ liest:

„Gefordert wird vor allem eine größere Mitbestimmung der philatelistischen Verbände am Prüfwesen, eine Haftungsübernahme bei Fehlprüfungen, eine bessere Kontrolle der einzelnen Prüfer, ein Weglassen von Prüfzeichen auf der Marke und die Attestierung der Prüfung durch Fotoattest. Eine Archivierung dieser Atteste, mit der Möglichkeit jederzeit darauf zurückzugreifen. Die Schaffung einer Oberprüfstelle, die durch Vertreter der philatelistischen Verbände besetzt werden müsse. Es geht nicht an, so wurde von den Versteigerern angeführt, daß knapp 100 Philatelisten, die sich in einem Prüferbund zusammengeschlossen haben, über den Wert der Briefmarken von Millionen Sammlern entscheiden, ohne daß es diesen Sammlern möglich gemacht wird, Berufung gegen diese Entscheidungen an einer neutralen Obergutachterstelle, die aus Vertretern aller philatelistischen Verbände besteht, vorzubringen. Der Prüferbund in seiner jetzigen Form biete keine ausreichende Garantie, daß auch wirklich objektive Entscheidungen getroffen werden. Der Prüferbund in seiner jetzigen Form habe es bis jetzt nicht fertig gebracht, einmal zu unrecht erteilte Prüfzeichen oder Atteste auszuräumen und dubiose Marken mit solchen Attesten tauchen immer wieder auf.“

von links: Fritz Heimbuechler, Wolfram Seeger, Karl-Heinz Dobbert, 1973.JPG

Der Nachfolger von Dr. Debo als Leiter der Bundesstelle Prüfwesen, Wolfram Seeger, ein sicherlich integrer Mann und fachlich kompetenter Bundesprüfer, erwies sich ausweislich eines umfangreich vorliegenden Schriftwechsels – weil verbandspolitisch völlig unerfahren – als Werkzeug des BDPh. Am 30. März 1972 schrieb er an Dr. Jaeger, daß er von Freiburg aus die ersten Fäden zum BDB geknüpft habe und er von Fehr über alle Interna unmittelbar und schnellstens unterrichtet werde. Seeger kam trotzdem zu folgendem Schluß:

„Auf weite Sicht gesehen bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß wir mit unseren Reformwünschen und den in gleicher Richtung liegenden Vorstellungen des Versteigererverbands, die in ähnlicher Form ja auch vom APHV vertreten worden sind, in München auf Granit beißen werden. Abgesehen von einer Gruppe von Prüfern, die sich von überhaupt niemandem – auch vom Prüferbund selbst – etwas sagen lassen wollen, wird es aber eine Vielzahl von Kollegen geben, die im Ernstfall auch in einer neuen Organisationsform mitarbeiten würden, wenn man ihnen klaren Wein einschenkt, worum es uns in dieser Sache geht. Die meisten wollen in Ruhe gelassen werden und sehen in jeder Form von Organisation nicht mehr als ein notwendiges Übel.“

Seeger fühlte sich schon in einem Interessenkonflikt und ließ dies Dr. Jaeger auch wissen:

„Was mich selbst anbetrifft, stellt sich die Frage, in welchem Maße ich dadurch in meinem Vorgehen behindert bin, als ich selbst Mitglied des Prüferbundes bin; Dr. Debo hat ja schon in offiziellen Schreiben und vor der Mitgliederversammlung mündlich persönlich den Versuch unternommen, mir eine schwere Schädigung des Ansehens und der Ziele des Prüferbundes allein aus der Tatsache anzulasten, daß ich – ohne seine Zustimmung – die Leitung der Bundesstelle übernommen habe.“

Was die Vorstellungen und Forderungen des BDB betraf, waren BDPh und BPP klar einer Meinung. In seinem Schreiben vom 10. April 1972 an den Präsidenten des BDPh, Wilhelm Kähler, das er in Kopie auch Dr. Jaeger zuleitete, berichtet Dobbert über den Verlauf des Gesprächs am 25. März 1972 mit den Versteigerern:

„Zu der Anregung der Versteigerer, gleichberechtigt mit BDPh und APHV als Trägerverband des Bundes der philatelistischen Prüfer aufgenommen zu werden, wiesen Dr. Debo und ich darauf hin, daß dies vereinsrechtlich nicht möglich ist.

Die Vorschläge des Versteigererverbandes zur Auswahl der Prüfer und deren Ausscheiden wurden erörtert; jedoch ein Mitspracherecht der Auktionatoren verneint.“

Vor der Mitgliederversammlung des BPP am 14./15. Mai 1972, in der die neue Prüfordnung, die nun fast einundeinhalb Jahre von der Kommission in mehreren Entwürfen hin- und hergekaut worden war, endlich beschlossen werden sollte, verfiel Dobbert wieder in die für ihn typische Betriebsamkeit vor derartigen Versammlungen.

Das Gespräch mit den Versteigerern am 25. März 1972 mit den dort diskutierten Fragen der Falschkennzeichnung und damit zusammenhängend der Prüferhaftung, die Einladung Debos zur Mitgliederversammlung des BPP, der überraschend „Richtlinien für eine Anerkennung als Bundesprüfer“ beigefügt waren, die natürlich nicht den Vorstellungen des BDPh über seine Mitwirkung bei der Aufnahme von Prüfern in den BPP entsprachen, der mit der Einladung zur Mitgliederversammlung vom 14. April 1972 versandte neue Entwurf einer Prüfordnung, der von dem mit Rundschreiben des BPP, Nr. 48 vom 21. Oktober 1971, den Mitgliedern zur Kenntnis gegebenen Kommissionsentwurf abwich, und gegen den Heinrich Schneider aus rechtlichen Erwägungen heraus Sturm lief, die nach wie vor nicht erfüllten Forderungen von BDPh und APHV nach mehr Einfluß im BPP – all dies überforderte Dobbert sichtlich, eine Position des BDPh zu formulieren. Seinen Hilferuf in seinem Schreiben vom 27. April 1972 an Dr. Jaeger, ihm bei der Erstellung des Positionspapiers des BDPh, den er ja bei der Mitgliederversammlung des BPP in München alleine vertreten müsse, zu helfen, folgte auf den Seiten 2 und 3 seines Schreibens ein ungeordnetes Sammelsurium von Stichworten, Gedanken und Fragen.

Mit Schreiben vom 4. Mai 1972 an Dr. Debo bat Fehr, die Beschlußfassung über die Prüfordnung zurückzustellen, da sie keine ausreichende Verpflichtung zur Kennzeichnung von Fälschungen enthalte. Weiter sei die Kennzeichnung von Reparaturen nicht verpflichtend geregelt und die dringend notwendige zentrale Kontrolle der Bundesprüfer werde nicht eingeführt.

Außerdem könnten die von Dr. Schneider vorgetragenen rechtlichen Bedenken gegen die Kennzeichnung von Fälschungen und Reparaturen nur ausgeräumt werden, wenn alle philatelistischen Verbände (APHV, BDPh und BDB) die Prüfbedingungen des BPP voll anerkennen würden. Um dies zu erreichen, müsse allen diesen Verbänden auch die Möglichkeit der Mitsprache eingeräumt werden.

Daß dem BDPh die Initiative des BDB gelegen kam, wird aus einem Schreiben von Dr. Jaeger vom 5. Mai 1972 an Seeger deutlich: „Durch die Initiative von Herrn Fehr ist der Auktionatorenverband ins Gespräch gekommen und wir sollten diese Chance nutzen, dass unsere Ansichten durchkommen.“ Jaeger schrieb weiter: „Im Bund haben wir beschlossen, dass Dobbert uns in München vertritt …“.

Am 6. Mai 1972 beantwortete Jaeger den Brief Dobberts vom 27. April. Er beinhaltete, was Dobbert in München vortragen sollte. Das ging soweit, daß für den Fall, daß Lösungen im Sinne des BDPh nicht zustande kämen, der BDPh eine Möglichkeit finden werde, „mit den Verbänden, insbesondere Auktionatoren-Verband, eine Prüfmöglichkeit in unserem Sinne zu schaffen. Wir müssen hier zum Ausdruck bringen und die Chance ausspielen, dass wir mit dem Auktionatoren-Verband einig sind …“ Jaeger war sich aber nicht sicher, ob der APHV hier mitziehen würde. Deshalb bat er Dobbert, Ehrlich entsprechend aufzuklären.

Dr. Jaeger hatte die Rechnung ohne den Wirt, d.h. Dobbert gemacht. Der kniff nämlich. Er schrieb am 8. Mai 1972 an Ehrlich, daß die Mitgliederversammlung des BPP wiederum ohne vorherige Absprache anberaumt worden sei, so daß die Vorstandsmitglieder des BDPh nicht abkömmlich seien und auch „mir leider im letzten Augenblick etwas dazwischengekommen ist.“ Dieses Schreiben schickte er am gleichen Tag an Dr. Jaeger und bat ihn, mit Ehrlich, der ja in München sein dürfte, Kontakt aufzunehmen und ihn zu bitten, auch für den BDPh zu sprechen. Außerdem könne ja Herr Seeger die Anliegen des BDPh vortragen.

Ebenfalls am 8. Mai informierte Dobbert auch Präsident Kähler über seine Nichtteilnahme und begründete diese damit, daß „sich zu diesem Wochenende auswärtiger Besuch bei mir angesagt hat.“

Dobbert sandte Dr. Jaeger unter dem 10. Mai 1972 das Positionspapier des Vorstandes des BDPh für die Sitzung des Prüferbundes zu mit der ausdrücklichen Bitte, diese Gesichtspunkte bei der Versammlung am 13./14. Mai 1972 zu berücksichtigen.

Dieses Positionspapier übersandte Dobbert auch Dr. Debo, wobei er mitteilte, daß Dr. Jaeger und er leider nicht nach München kommen könnten.34) So waren die Schirmherren also nur durch den Präsidenten des APHV, Jürgen Ehrlich, vertreten.

Ausweislich des Protokolls wurde die Mitgliederversammlung reibungslos abgewickelt. Sie verabschiedete die neue Prüfordnung, die zum 1. Januar 1973 in Kraft treten sollte, dazu als Anlage zur Prüfordnung die „Philatelistischen Begriffsbestimmungen“ sowie die „Richtlinien für die Anerkennung als Bundesprüfer“ (siehe Anlage 2 auf S. 142).35)

In der Mitgliederversammlung stellte Debo folgenden Antrag, der einstimmig angenommen wurde:

„Die Versammlung erneuert den Vorschlag vom 9. Januar 1972 auf eine gemeinsame Vorstandssitzung des Bundes deutscher Philatelisten und des APHV mit dem Bund der philatelistischen Prüfer.“

Am 2. Juni 1972 lud der Präsident des BDPh den APHV, den BPP, aber auch den BDB zu einem auf den 22. Juli terminierten Spitzengespräch ein.

Aus den vorgeschlagenen Besprechungspunkten kann man ersehen, daß der BDPh nach wie vor nicht klein beigeben wollte, sondern weiter versuchte, seine Vorstellungen durchzusetzen.

Daß der APHV sich mit dem BDB nicht an einen Tisch setzen würde, wenn es um die Zukunft des BPP ging, war zu erwarten. Am 20. Juni 1972 schrieb Ehrlich an den Präsidenten des BDPh, daß zu dem vorgeschlagenen Termin kein Vorstandsmitglied des APHV verfügbar sei. Dann aber folgte der wahre Grund für die Absage:

„Hinsichtlich der Tagesordnung habe ich folgenden Einwand: Zur Debatte sind neben allgemein interessierenden Fragen des Prüfwesens auch organisatorische Punkte aufgeführt, die lediglich in die Kompetenz des Prüferverbandes und seiner Trägerverbände fallen. Die Hinzuziehung des Auktionatorenverbandes zu diesen Punkten sieht der APHV, wie übrigens auch der Prüferbund, als durchaus nicht notwendig an. Hierbei soll vermerkt werden, dass unseres Wissens alle Mitglieder des Auktionatorenverbandes, bis auf eine Ausnahme, ohnehin Mitglieder des APHV sind und in dieser Beziehung hinreichend vertreten werden.“

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Anlage 2

Hans-Georg Schlegel, 1990.jpg
Johann Ulrich Schmitt, 2004.jpg

An dem sogenannten Spitzengespräch am 22./23. Juli 1972 in Berlin, das durch die Absage des APHV keines mehr war, nahmen für den BDPh die Herren Kähler, Dr. Jaeger und Dobbert, für den BPP die Herren Dr. Debo, J. U. Schmitt, Dr. Schneider und H.G. Schlegel und für den BDB die Herren Fehr, Friebel und Dr. Derichs teil.

Der BDPh bezog durch Dr. Jaeger wieder seine bekannten Positionen. Da sich 1958 der APHV und der BDPh mit der Delegation auf den BPP der echten Einflußmöglichkeit begeben hätten, strebe der BDPh nach wie vor eine entsprechende Neufassung der Satzung des BPP an. Weiter wolle er nach Schweizer Vorbild die Bestellung der Bundesprüfer vornehmen und sie von Zeit zu Zeit in ihrem Amt bestätigen.

Dr. Debo machte deutlich, daß die Selbständigkeit des Prüfwesens für ihn nicht verhandelbar sei. An die Abreden von 1958 müßten sich BDPh und APHV nun einmal halten.

Der Vertreter der Auktionatoren, Fehr, behauptete, daß in zunehmendem Maße Fehlprüfungen durch Bundesprüfer festzustellen seien. Debo konterte, daß mit Andeutungen und Bemerkungen ihm nicht geholfen sei. Er müsse das Attest und das Material mit der Beanstandung vorgelegt erhalten, ein Problem, das auch heute – 35 Jahre später – bei evtl. Beanstandungen noch aktuell ist.

Aus Auktionatorenkreisen wurde weiter behauptet, daß bei Fehlprüfungen die Inanspruchnahme eines Bundesprüfers nicht möglich sei. Hierauf erläuterte Dr. Schneider dezidiert die Haftung der Bundesprüfer und führte derartige Behauptungen ad absurdum.

Fehr hatte für diese Gespräche ein spezielles Positionspapier36) erstellt. In diesem Papier wurde einleitend ein Horrorszenario aufgebaut: Die „Versteigerer sehen in der derzeitigen Situation im Prüfwesen eine ernste Gefahr für die gesamte Philatelie.“ Worin sollte nun diese Gefahr bestehen?

Es seien vielfach widersprüchliche Prüfungsbefunde im Umlauf, Atteste aus der Zeit vor zehn und mehr Jahren würden nunmehr als falsch erklärt und es sei nicht möglich, die umlaufenden widersprüchlichen Prüfbefunde aus der Welt zu schaffen. Die Oberprüfstelle sei hierfür nicht geeignet, da für ihr Tätigwerden Voraussetzung sei, daß beide Prüfer noch lebten und dem BPP angehören müßten.

Dann aber offenbarte Fehr seine wahren Absichten: Außer dem BDPh und APHV müsse auch der BDB Einfluß beim BPP in der Weise haben, daß er sein Plazet bei der Berufung von Prüfern gebe. Dieses Verlangen wurde von Dr. Debo mit der Begründung zurückgewiesen, daß hierdurch die Neutralitätb der Prüfer in Frage gestellt werde. In diesem Zusammenhang kam Dobbert nochmals auf den Standpunkt des BDPh zurück, daß die Vereinbarungen von 1958 heute nicht mehr aktuell seien. Wenn der BPP diese als unabänderlich betrachte, „bleibe die gelegentlich erörterte Auflösung zu prüfen, indem BDPh und APHV ihre Schirmherrschaft entzögen und eine Bundeszentrale für Prüfungswesen ins Leben riefen.“

Gegen Ende des Gesprächs, das sich mit weiteren, hier nicht zu erörternden Themen befaßte, brachte Fehr zum Ausdruck, daß der BDB in die Bundeszentrale für Fälschungsbekämpfung mit aufgenommen werden wolle. Der BDPh entgegnete, daß man im Hinblick auf das nicht so gute Verhältnis von APHV und BDB das Einverständnis des APHV zu diesem Verlangen nicht ohne weiteres voraussetzen könne. Kähler und Dobbert wollten jedoch die Hereinnahme des BDB befürworten, was auch für die Schirmherrschaft im BPP gelte.

Der BDPh hatte eine Presseerklärung vorbereitet, die so gefaßt war, als sei auch der APHV an dem Gespräch in Berlin beteiligt gewesen. Dieser widersprach der APHV mit Schreiben vom 10. August 1972 entschieden. Verbands-politisch war dieses Schreiben deshalb bemerkenswert, weil „der APHV aus den Modalitäten der Einladung zum Spitzengespräch und einigen Passagen aus dem Gedächtnisprotokoll37) beim Bund Deutscher Philatelisten die Tendenz registriert, den APHV nicht mehr als alleinigen Vertreter des Deutschen Briefmarkenhandels anzusehen.“

Im Rundschreiben des BPP, Nr. 52 vom 27. Oktober 1972, mit dem zur Mitgliederversammlung am 25. November 1972 eingeladen wurde, berichtete Dr. Debo ausführlich über die Tagung des Arbeitskreises Fälschungsbekämpfung und Prüfungswesen des BDPh beim 26. Bundestag am 6. und 7. Oktober 1972 in Freiburg. Dort wiederholte Dr. Jaeger die Forderungen des BDPh nach Mitbestimmung bei Berufung und Abberufung von Bundesprüfern, nach zeitlich begrenzter Berufung zum Bundesprüfer, nach Stimmrecht in der Mitgliederversammlung des BPP und allgemein größeren Einfluß auf den BPP. Weiter setzte sich Dr. Jaeger dafür ein, den BDB als weiteren Schirmherrn des BPP einzubeziehen. Die Abmachungen von 1958 über die Gründung des BPP seien 14 Jahre alt und damit überholt. Debo hielt dagegen, daß diese Abmachungen nur im Einvernehmen der drei Beteiligten geändert werden könnten.

Wie üblich entstand vor der Mitgliederversammlung des BPP wieder hektische Betriebsamkeit bei APHV und BDPh. Auf Einladung des APHV fand am 11. November 1972 zwischen APHV und BDPh ein Gespräch in Düsseldorf statt, an dem für den APHV die Herren Ehrlich und Schwanke und für den BDPh die Herren Kähler und Dr. Jaeger teilnahmen.

Hier zeichneten sich erstmals unterschiedliche Auffassungen in der Zusammenarbeit der beiden Verbände ab. Kähler schrieb am 12. November über dieses Gespräch an Dobbert, daß der APHV vom BDPh erwartet habe, daß dieser den APHV als ausschließlichen Gesprächspartner ansehe und der BDB als Teilnehmer an Gesprächen abzulehnen sei. Dies habe man abgelehnt. „Weiterhin kam von der Gegenseite die Anregung, da offenbar Herr Dr. Wittmann die Schriftführung nicht mehr fortsetzen möchte, ob das nicht über unsere Geschäftsstelle möglich sei. Als Gegengabe möchte man uns oder besser Sie von der Arbeit der jetzt von Ihnen geführten Fälschungsbekämpfung entlasten. Es ist klar, dass wir uns nur zu der ersteren Frage geäussert haben und uns möglicherweise bereit finden könnten, die Arbeit, die bisher Herr Dr. Debo machte, von der Geschäftsstelle zu übernehmen. Das bedarf der Rückfrage bei Herrn Weiss. Die zweite Frage, ob wir Sie entlasten müssen, bedarf nicht nur Ihrer Zustimmung, sondern auch der Überlegung, ob man etwa Sie und damit uns ausbooten möchte.“

Abschließend schrieb Kähler, daß er aus terminlichen Gründen, die er offen darlegte, nicht in München dabei sein könne und der BDPh von Dr. Jaeger und Dobbert vertreten werden müsse.

Dobbert kniff wieder. Er teilte Kähler mit Schreiben vom 15.11.1972 mit, daß er davon ausgegangen sei, daß dieser und Dr. Jaeger wegen der Bedeutung der Tagung den BDPh in München vertreten würden. Deshalb habe er für die Tage vom 24. bis 26. November andere Zusagen gegeben, die er schlecht zurücknehmen könne.

So kam es, daß an der Mitgliederversammlung von seiten des BDPh lediglich Dr. Jaeger teilnahm. Für den APHV waren die Herren Ehrlich und Schwanke anwesend.

In seinem Jahresbericht 1971/72 38) wies Dr. Debo darauf hin, daß sich im abgelaufenen Jahr mehr Veränderungen ergeben hätten, als in all den Jahren vorher seit Gründung des BPP. Als solche zählte er auf

  1. Die ab 1. Januar 1973 in Kraft tretende neue Prüfordnung mit einem Anhang über Philatelistische Begriffsbestimmungen.
  2. Einheitliche Prüfstempel, die Eigentum des BPP bleiben und bis Ende 1972 jedem Prüfer zur Verfügung gestellt würden.
  3. Schaffung neuer einheitlicher Attestformulare, deren endgültige Formgebung von der Mitgliederversammlung noch zu beschließen sei.
  4. Erstellung der Richtlinien für die Anerkennung als Bundesprüfer und Herstellung entsprechender Merkblätter.
  5. Herstellung von Karten wegen der Anforderung von Prüferlisten.
  6. Herstellung von Antwortkarten wegen der Anerkennung der Prüfordnung.
  7. Diverse Satzungsänderungen in den Mitgliederversammlungen vom 20./21. November 1971 und 13./14. Mai 1972.

Dann fuhr Debo fort: „Mit den in der letzten Zeit durchgeführten Änderungen scheinen wir den realisierbaren Vorstellungen unserer Schirmherren entsprochen zu haben. Die noch im Raum stehenden Fragen der zeitlich begrenzten Berufung zum Bundesprüfer und eine über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgehende Mitwirkung bei Berufung und Abberufung von Bundesprüfern sind für mich aus schon mehrfach erläuterten Gründen unannehmbar. Daß die Ausmerzung von Fälschungen nicht allein von den Prüfern vorgenommen werden kann, dürfte jedem Einsichtigen klar sein. Hier haben die Verbände in den eigenen Reihen ein fruchtbares Tätigkeitsfeld, wie die laufend eingehenden Aufträge von Händlern und Sammlern zeigen, die Fälschungen nicht gekennzeichnet haben wollen. Wir haben jedenfalls einen großen Beitrag hierzu geleistet, indem wir bei gekennzeichneten Fälschungen auf ein Honorar für unsere Tätigkeit verzichten.39) Mir ist nicht bekannt, daß die Mitglieder anderer Verbände persönlich in gleicher Weise finanzielle Opfer für die Fälschungsbekämpfung bringen. Leider wird dieser unser Beitrag überhaupt nicht gewürdigt.

Wir haben gezeigt, daß die Selbstverwaltung der Prüfer, die natürlich nicht in eine Selbstbefriedigung ausarten darf, im Großen und Ganzen sehr gut funktioniert. …

Dr. Heinrich Wittmann, 1984.jpg

… Am Beispiel des DIP hat sich gezeigt, daß einseitig von bestimmten Interessenkreisen gegründete Prüfungsorganisationen weder Bedeutung erlangen noch ordentliche Prüfungen vornehmen können.“

In der Aussprache zu den Jahresberichten fragte Dr. Jaeger, „ob etwa eine Selbstverwaltung des Bundes der philatelistischen Prüfer ohne die Schirmherrschaft der beiden anderen Verbände angestrebt werde. Auf weite Sicht sei an die Schaffung einer Bundeszentrale für das Prüfungswesen gedacht, die hauptamtlich besetzt werden müsse.“

Dr. Debo erklärte daraufhin, „daß nicht beabsichtigt sei an der Schirmherrschaft etwas zu ändern. Es müsse aber den Bundesvorständen des BDPh und des APHV die Sachkunde 40) abgesprochen werden, über Prüferfragen zu entscheiden. Die Schaffung einer Bundeszentrale für Prüfungswesen wäre diskutabel.“

Die Mitgliederversammlung vom 25.11.1972 beschloß eine wesentliche Satzungsänderung, nämlich daß die Mitgliedschaft im BPP mit dem Ende des Jahres erlischt, in dem das Mitglied das 70. Lebensjahr vollendet, erstmals mit dem 31. Dezember 1973, wobei allerdings auf Antrag die Mitgliedschaft durch Beschluß der Mitgliederversammlung jeweils um zwei Jahre verlängert werden konnte. Damit war zwar noch keine absolute Altersgrenze beschlossen, aber es war eine Regelung geschaffen, die dem altersbedingten Abbau von Prüfern Rechnung trug.

Nach der Mitgliederversammlung hatten Dr. Jaeger und Dr. Debo eine Unterredung, die bis 23.00 Uhr dauerte. Diese scheint bei Dr. Jaeger ein Umdenken ausgelöst zu haben, zumal er erleben mußte, daß vom APHV als weiteren Schirmherrn, der sich in der offenen Diskussion völlig zurückhielt, wenig zu erwarten war.

In einem vertraulichen Bericht über die Mitgliederversammlung vom 25. November 1972 an Präsident Kähler, Dobbert und die übrigen Vorstandsmitglieder des BDPh zog Dr. Jaeger folgendes Fazit:

„Meine Vorschläge nach München:

  1. Aussprache mit Dr. Debo im Bundesvorstand, bessere Integration der Arbeit mit dem BpP. So z.B. Arbeitsgang bei Neubewerbungen von Prüfern mit Unterrichtung der LV, AG und des BDPH, damit rechtzeitig eine Beurteilung und Vorschläge dem BpP unterbreitet werden können. Straffung Bundesstelle Prüfungswesen, wobei zu überlegen ist, ob Seeger der richtige Mann ist für die Zukunft.
  2. Ausarbeitung einer Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit mit BpP, was zur Folge hat, dass wir die Konzeption des Prüfwesens des BpP nach Abklärung unserer Forderungen anerkennen und somit beibehalten. Dies halte
    ich jetzt für das Beste, nachdem eine neue Organisation sich nicht anbieten kann. (Dies wird von Ehrlich wohl nicht eine Unterstützung finden).
  3. Schaffung einer Bundeszentrale Prüfwesen unter der Regie des BDPH, deren Planung und Konzeption.
  4. Juristische Abklärung der Oberprüfstelle und Schaffung einer Möglichkeit, Falschatteste von ehemaligen Bundesprüfern oder verstorbenen Prüfern einzuziehen.
  5. Weiterführung der Spitzengespräche unter allen Umständen mit Aussprache mit dem Versteigererverband.
  6. Mögliche Integrierung des Institutes (Dr. Derichs) !?, um dieses Problem der Zweigleisigkeit abzuschaffen.
  7. Veröffentlichung der Prüfordnung (wobei eine Korrektur zu berücksichtigen ist) und der Prüferliste in den BN (was immer wieder gefordert wird.)

Mit dem Ergebnis, insbesondere mit dem Gespräch mit Dr. Debo war ich letztlich befriedigt, wenn nun eine Zusammenarbeit weitergeführt wird. Von einem Alleingang des BDPh und des APHV mit einer Neugründung o.ä. halte ich jetzt nichts.

Wir müssen gemeinsam die Prüferfragen endgültig in den Griff bekommen, ich glaube, dass nun Dr. Debo eingesehen hat, dass die Reformen nötig sind bzw. waren …

Es bleibt zu überlegen, ob man bei einer Aussprache Dr. Debo – Bundesvorstand Herrn Ehrlich zuziehen sollte. Ob dann das Ergebnis besser würde, weiss ich nicht.“

Damit war die Luft raus. Erst rund zehn Monate später, am 9. Oktober 1973, erschien mit Nr. 54 das nächste Rundschreiben des BPP. Dort wurde unter Punkt 2.) folgendes mitgeteilt:

„Auf dem 27. Bundestag des Bundes Deutscher Philatelisten in Krefeld wurde Dr. Heinz Jaeger (Lörrach) anstelle des zurückgetretenen Herrn Kähler zum neuen Präsidenten gewählt. Herr Dr. Jaeger ist unseren Mitgliedern bereits aus seiner Teilnahme an Mitgliederversammlungen der letzten Jahre bekannt. Vizepräsidenten wurden die Herren Böcker und Paikert, Schatzmeister Herr Hermle, Beisitzer die Herren Dr. Debo, Dobbert und Dr. Hanfland. Herr Seeger ist weiterhin Leiter der Bundesstelle Prüfungswesen. Dr. Debo hat das Ressort ‚Prüfungswesen‘ zu betreuen.“

19) Schreiben Dr. Heinrich Wittmann vom 28. November 1968 an Dr. Wilhelm Derichs.

20) Gründungsmitglieder waren die Herren Dr. Jürgen Bornhöved und Günther Post, die für das Briefmarken-Auktionshaus H.C. Schwenn, Frankfurt, die Briefmarken-Großhandlung Schwenn KG, Frankfurt und für die Mauritius-Versand GmbH, Klein Ostheim handelten, Herr Paul Diercks, der für das Auktionshaus Edgar Mohrmann & Co sowie für das Briefmarken-Handelshaus Edgar Mohrmann, beide Hamburg, handelte, sowie die Herren Dr. Wilhelm Derichs, Kurt Friebel, Manfred Richtmann, Adolf Schaub und Dr. Wolfgang Schlemmer, die jeder für sich bzw. ihre Firma handelten.

21) Kopie dieses Schreibens gab Dr. Debo mit Schreiben vom 10. Dezember 1969 Kähler zur Kenntnis. Er mahnte dabei die Beantwortung seines Schreibens vom 24. November 1969 an: „Dabei wollen Sie dem anliegenden Schreiben entnehmen, in welche Schwierigkeiten ich komme, wenn Sie mich nicht bzw. nicht ausreichend informieren.“

22) NBl., Nr. 3/1970, S. 86.

23) Rundschreiben des BPP, Nr. 41 vom 20. April 1970, S. 3.

24) Becker wurde in der Mitgliederversammlung am 22. November 1970 mit sofortiger Wirkung aus dem BPP ausgeschlossen, weil er trotz wiederholter Aufforderung, seine Prüftätigkeit einzustellen, weiterhin schwerwiegende Fehlprüfungen, insbesondere der Überdruckmarken von Berlin, vorgenommen hatte.

25) In der gleichen Mitgliederversammlung wurde der damals 47jährige Hans Georg Schlegel als außerordentliches Mitglied für das Prüfgebiet Berlin, insbesondere Aufdrucke, in den BPP aufgenommen. Damit hielt eine bisher nicht gekannte Professionalität des Prüfens moderner Gebiete Einzug in den BPP, zumal Schlegel in der Folgezeit seine Prüfgebiete auf Bizone (ohne Bautenserie), Bund, Französische Zone und Deutsches Reich ab 1923 ausdehnte und die Stempelprüfung dank seines riesigen Vergleichsmaterials auf ein bisher nicht gekanntes Niveau brachte.

26) Rundschreiben des BPP, Nr. 41 vom 20. April 1970, S. 2.

27) Rundschreiben des BPP, Nr. 46 vom 9. Februar 1971, S. 3.

28) Die Bundesstellen C-Prüfungswesen und D-Fälschungsbekämpfung wurden seit Gründung des BPP von dessen ersten Vorsitzenden geleitet. Nachdem sich APHV und BDPh 1967 damit einverstanden erklärt hatten, daß die Aufgabe der Fälschungsbekämpfung nicht mehr durch den BPP wahrgenommen werden sollte, weil – wie Dr. Debo offenbar unter dem Eindruck des Prozesses Ullmann ausführte – diese Trennung auch aus Wettbewerbsgründen erforderlich sei, legte Debo auf dem 21. Bundestag 1967 in Karlsruhe die Leitung der Bundesstelle D nieder. Als sein Nachfolger wurde Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Dobbert gewählt. Nachfolger von Debo als Leiter der Bundesstelle C wurde zuerst kommissarisch, dann vom Bundestag 1971 in Kassel bestätigt, Wolfram Seeger, der seit dem 22. November 1970 als Prüfer für Baden ordentliches Mitglied des BPP war.

29) Der Bundesprüfer Dr. Sommer (Schweiz) hatte bereits in der Mitgliederversammlung am 27. Mai 1959 in Hamburg angeregt, einheitliche Attestformulare herzustellen, die nur von den Bundesprüfern verwendet werden dürften und vom BPP gegen Kostenerstattung zu liefern wären. In der Mitgliederversammlung am 4. September 1965 in Essen wiederholte er diesen Vorschlag. Im Rundschreiben des BPP, Nr. 27 vom 21. Dezember 1966, lehnte
Dr. Debo die Herausgabe von Attestformularen aus wenig überzeugenden Gründen ab. In der Mitgliederversammlung am 17. November 1968 in München wurde die Einführung einheitlicher Attestformulare (von Debo?) abgelehnt, „weil damit der Prüferbund mit der Tätigkeit des einzelnen Prüfers identifiziert wird.” Vor diesem Hintergrund ist Debos Kehrtwende nur rund zweieinhalb Jahre später bemerkenswert.

30) Dies heftete sich der BDPh in seinen Pressemitteilungen als Erfolg auf seine Fahne (vgl. Die Sammler-Lupe, Heft 24/1971, S. 725, und Der Sammler-Dienst, Heft 26/1971, S. 1749).

31) Gesprächsteilnehmer waren die Herren Lange (Wiesbaden), Richtmann (Köln), Dr. Derichs (Köln), Fehr (Freiburg), Diercks und Jakubek (Hamburg), Parthen (Wiesbaden) und Steltzer jun.

32) Gesprächsteilnehmer waren die Herren Dr. Debo und J.U. Schmitt.

33) Die Herren Dr. Jaeger und Dr. Hanfland konnten nicht teilnehmen.

34) Vgl. Protokoll der Mitgliederversammlung des BPP vom 13./14. Mai 1972, S. 1.

35) Diese basierten auf dem „Regulativ für die Abnahme der Prüferexamen“ des Verbandes schweizerischer Philatelistenvereine, die Dr. Debo von Pfenninger erhalten hatte. In seinem Schreiben vom 27. Februar 1972 an seine Vorstandskollegen im BPP schrieb er: „Ich habe diese Aufnahme- bzw. Anerkennungsbedingungen etwas auf unsere Verhältnisse zugeschnitten und füge eine Kopie bei. M.E. sollten wir auch bei uns eine Prüfung einführen, wie wir es unlängst bei BERLIN begonnen haben. Ich wäre Ihnen für Verbesserungsvorschläge dankbar, danach sollten wir diese ‚Richtlinien für die Anerkennung als Bundesprüfer‘
in unserem nächsten Rs. bekanntgeben und der nächsten Mitgliederversammlung zur Abstimmung vorschlagen.“

36) Dieses Positionspapier ist hier nicht näher zu erläutern. Die Realisierung der in ihm enthaltenen Vorschläge hätte das Prüfwesen mit einer gigantischen Bürokratie überzogen.
Dr. Debo nahm mit Schreiben vom 30. August 1972 an BDPh, APHV und BDB dagegen in scharfer Weise Stellung.

37) Das von Dobbert verfaßte Protokoll wurde am 7. August 1972 auch an den APHV versandt.

38) Protokoll der Mitgliederversammlung des BPP vom 25. November 1972.

39) Siehe S. 117.

40) Eine ähnliche Beurteilung erfolgte auch durch Dr. Derichs in einem, wenn auch etwas verbitterten Schreiben des DIP an die Mitglieder des BDB vom 15. Mai 1974: „Die Spitze des Sammlerbundes (BDPh), kenntnis- und verständnislos im Fachbereich, seit Jahren vom APHV umworben, schloß sich gern dessen Vorstellungen an.“

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